Sindarin-Lexikon

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Vorbemerkungen:

Die normale Textfarbe ist weiß, jedoch sind einige Wörter und Textstellen farblich hervorgehoben. Dies sind all jene Stellen, an denen man Mutmaßungen und Rekonstruktionen anstellen muss. Sind nur einzelne Wörter hervorgehoben, so kommen sie in der gegebenen Form nicht in Tolkiens Schriften vor (sind "nicht attestiert"). Ist eine ganze Textpassage hervorgehoben, so handelt es sich um eine Mutmaßung oder Schlussfolgerung aus dem gegebenen Material.

Sehr technische Erklärungen sind in kleinerer Schrift dazugesetzt und sind für diejenigen gedacht, die sich besonders für die Hintergründe interessieren. Sie können beim Lesen auch übersprungen werden.

Auf Quellenangaben wird verzichtet, sofern es sich um Wörter handelt, die leicht nachgeschlagen werden können; oder um Schlussfolgerungen, die direkt aus den aufgeführten Wörtern und Textpassagen folgen. In komplizierteren Fällen oder bei obskuren Quellen werden aber die entsprechenden Verweise angegeben.

Inhalt

Stand: 12.09.2011

Substantive (Hauptwörter)

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Plural (Mehrzahl)

Anders als in Deutsch oder in Latein verändern sich Substantive in Sindarin ausschließlich vom Singular zum Plural. Zumindest im klassischen Sindarin gibt es keine Kasus-Deklinationen (Nominativ, Genitiv, Dativ, ...), die Kasus werden durch Präpositionen ausgedrückt. Dies gilt auch für Adjektive.

Die Pluralformen werden in Sindarin meistens durch Vokaländerungen ausgedrückt. Neben dem gewöhnlichen Plural gibt es noch den Klassenplural. Ebenso sind Spuren des Dual (Zweizahl) erhalten.

Aus dem Deutschen ist die Umlautung der Vokale im Plural wohlbekannt: aä, oö, uü, auäu. Sindarin zeigt sehr analoge Lautverschiebungen, die einem Deutsch-Sprecher vertraut vorkommen werden: ae, oœe, uy, auoe. Es gibt aber auch viele Unterschiede, insbesondere werden die Vokale anders umgelautet, wenn sie sich in der letzten Wortsilbe befinden. Sindarin hat hier einen Einfluss sowohl von den germanischen Sprachen, als auch vom Walisischen. Der Begriff für diese Lautänderungen ist i-Umlautung, i-Mutation, i-Beeinflussung oder i-Affektion. Sie wurden nämlich ursprünglich, im Deutschen wie in Sindarin, von einem i in der letzten Silbe hervorgerufen, was danach jedoch in der Regel wieder verschwunden ist. Die Veränderungen im Wort sind aber geblieben (Quenya dagegen erhält die Plural-Endung -i). Der Begriff in Sindarin für Vokalumlautungen verschiedener Art ist prestanneth (Störung, Beeinflussung).

Eine wichtige Unterscheidung ist zwischen historischen und analogischen Formen zu machen. Dieses Wechselspiel kommt natürlicherweise in Sprachen vor, z.B. stammt das Wort Gold von einer Form, die früher vermutlich gulda ausgesprochen wurde. Durch ein weiteres Phänomen der Vokalbeeinflussung, die a-Umlautung (welche auch in Sindarin auftritt), wurde der Vokal u durch den Einfluss des finalen -a zu o, d.h. gulda > Gold. Das entsprechende Adjektiv hatte im Althochdeutschen die Form guldîn, hier ist das u erhalten geblieben, in der Folgezeit löste das i in der letzten Silbe aber i-Umlautung aus und das historische Adjektiv zu Gold ist demnach gülden. Nun wurde aber die Vokalabfolge gülden-Gold als unregelmäßig angesehen, weswegen man vom Substantiv Gold eine analogische Form abgeleitet hat, nämlich golden. Die historische Form gülden gilt heute als veraltet.

Ganz ähnliche Entwicklungen gab es in Sindarin, wo wir es oft mit historischen und analogischen Pluralen zu tun haben. Wir können vermuten, dass die historischen Varianten eher in der Frühzeit, d.h. im 1. Zeitalter verwendet wurden und zum 3. Zeitalter hin zugunsten der analogischen allmählich veralteten. Tolkien selbst macht diesbezüglich leider keine genauen Zeitangaben. Ebenso dürften Elben eher zu den historischen Varianten tendiert haben, Menschen zu den analogischen. Für viele Menschen wurde im 3. Zeitalter Sindarin aber zu einer zumeist in Texten überlieferten Sprache, weshalb sich auf diese Art manche historische Formen vielleicht doch verfestigt haben.

Schließlich ist zu bemerken, dass es in Sindarin auch ohne die Unterscheidung historisch/analogisch oft zwei oder sogar mehr Plural-Varianten zu einem Wort gibt. Das sollte einen nicht stutzig machen, im Deutschen kommt so etwas auch vor; ohne Bedeutungsunterschied jedoch eigentlich nur in Fremdwörtern (z.B. Skripte, Skripten, Skripts).

Der Vokal a

Ein a in der letzten Silbe wird zum Diphthong ai. Dies gilt auch für einsilbige Wörter, die oft ein langes â besitzen, da die Vokallänge sich hier erst spät entwickelt hat, nachdem die Wörter bereits einsilbig geworden waren:

Wenn die letzte (oder einzige) Silbe auf -ng, -nc endet, wird a zu e:

Wenn die letzte (oder einzige) Silbe eine Konsonantenkombination hat, die mit r oder l beginnt, wird a meistens ebenfalls zu e; es kann aber auch zu ei, ai werden. Das verläuft recht unregelmäßig:

In allen anderen Fällen (also wenn die betreffende Silbe nicht die letzte oder einzige im Wort ist) wird a zu e:

Der Vokal e

Ein e in der letzten oder einzigen Silbe wird zu i. Das gilt auch für lange Vokale aus demselben Grund wie bei a:

Wenn in der letzten oder einzigen Silbe die Kombination ie auftaucht, so wird aus diesem ie ein i, voranstehende Vokale scheinen kompensatorisch gelängt zu werden:

In allen anderen Fällen (also wenn die betreffende Silbe nicht die letzte oder einzige im Wort ist) wird das e nicht verändert (siehe oben: edhel, Plural edhil).

Der Vokal i

Der Vokal i in der Pluralbildung bleibt immer und an jeder Stelle unverändert.

Folglich ist ein Wort, das nur die Vokale i besitzt, normalerweise nicht zwischen Singluar und Plural zu unterscheiden. Der Satzzusammenhang muss in diesen Fällen über den Numerus Auskunft geben. Möglicherweise aber kann hier die Endung -in genutzt werden:

Der Vokal o

Der Vokal o wird in der letzten oder einzigen Silbe eines Wortes gewöhnlicherweise zu y (sprich: ü). Ein langes ô wird gleichsam zu einem langen :

Falls nach dem o nur einzelner Konsonant (also kein Konsonantencluster) folgt, kann o auch zu ui werden.

In allen anderen Fällen (also wenn die betreffende Silbe nicht die letzte oder einzige im Wort ist) wurde o zunächst zu œ (sprich: ö), was sich in der Folgezeit wiederum zu e veränderte.

Oft tritt es auch auf, dass o in der letzten Silbe zu œ oder œi und später dann zu e bzw. ei wird. Das scheint besonders bei der Vokalfolge o-o bevorzugt zu sein. Im Dialekt von Gondor ist diese Art von Pluralisierung ganz alltäglich, weil dort der Laut y fehlt.

[Diese Reichhaltigkeit an Möglichkeiten bei o erklärt sich dadurch, dass es vor der eigentlichen i-Umlautung eine weitere Lautänderung, die sogenannte Hebung, gab. Das bedeutet, dass sich unter dem Einfluss des i ein o oft zu u änderte. Insgesamt also gibt es die folgenden Möglichkeiten:

Zur Zeit des Sindarin, d.h. während und nach der Schreibung des Herrn der Ringe, wurde o > u > y zum dominanten Lautwechsel, in den früheren Konzeptionen waren die anderen auch sehr häufig vertreten.]

Die Kombination io in der letzten Silbe wird zu y:

Es gibt jedoch Fälle, in denen das o eine Verkürzung von au darstellt, was wiederum entweder von einem langen ā oder au stammt. Dann wird o in der letzten Silbe zu oe und bleibt sonst erhalten. Quenya hat an dieser Stelle normalerweise langes á oder au erhalten:

Der Vokal u

Wir beobachten, dass ein kurzes u an jeder Stelle eines Wortes zu y wird, ein langes û hingegen in der letzten Silbe zu ui. Möglicherweise ist aber auch uy, bzw. û in der letzten Silbe erlaubt. Siehe aber auch den Sonderfall des finalen -w.

[Wir schließen die letzte Tatsache daraus, dass das o in der letzten Silbe eigentlich nur deshalb zu y wird, weil es zwischendurch zu einem u gehoben wird (siehe Kommentar unter Der Vokal o. Ja mehr noch, in vielen Wörtern stammt ein o in der letzten Silbe eigentlich von einem u ab, z.B. rosc (braun) (vgl. Quenya ruska) und wurde durch den Einfluss des finalen -a zu einem o (a-Umlautung). Da der Plural aber mit -i gebildet wird (ruskī), fehlt der Einfluss dieses -a und wir haben es bei rosc historisch eigentlich mit der Umlautung eines u zu tun!]

Der Vokal y

Der Vokal y verändert sich im Plural vermutlich nicht.

Auch hier besteht also die Möglichkeit, dass der Plural vielleicht auch mit -in gebildet werden kann:

Der Diphthong au

In Sindarin wird der Diphthong au in der letzten Silbe im Plural zu oe. Man beachte, dass am Wortende statt -au immer -aw geschrieben wird. Die Aussprache unterscheidet sich dabei nicht (siehe Aussprache). In mehrsilbigen Wörtern wird au oft zu o verkürzt, siehe hierzu den Vokal o

Die Diphthonge ei und ai

Es gibt eine ganze Reihe von einsilbigen Wörtern, die im Singular Parallelformen mit den Diphthongen ei und ai aufzeigen. Im Plural werden diese Diphthonge zu langem î.

Wörter, die jedoch nur mit dem Diphthong ai vorkommen, bleiben im Plural unverändert.

[Dieses wird durch die besonderen Etymologien der Wörter erklärt.
Wenn der Wortstamm ursprünglich ein i hatte und die angehängte Endung - lautete, so wurde im Zuge der sogenannten a-Umlautung dieses i zunächst zu e. Anschließend löste j i-Umlautung aus, so dass der Stammvokal zu ei wurde und dann zu ai, z.B. kirjā (Schiff) > ceir, cair (vgl. Quenya kirya). Der Plural wurde aber mit -ī gebildet und all diese Lautänderungen blieben aus, d.h. kir(y)ī (Schiffe) > cîr.

In einer anderen Situation entsteht im Singular ebenfalls ei/ai, aber diesmal aus der Kombination aus e und einem Konsonanten k/g durch einen Prozess, den man Vokalisierung nennt. Vokalisierung war z.B. auch im Englischen aktiv, man vergleiche etwa deutsche Wörter wie Hagel, acht, Knecht mit den englischen hail, eight, knight, die mit einem Diphthong ei oder ai ausgesprochen werden. In Sindarin wurde z.B. ektā (Speerspitze) zu aith. Der Plural war jedoch ektī, was über i-Umlautung zu îth wurde, hier ging das k verloren. Strenggenommen haben wir ith nur in einer recht frühen Quelle attestiert, das phonologische Muster an sich taucht aber z.B. auch in der späten Form reitha (versucht, bemüht sich) < riktā, Vergangenheit rithas (versuchte, bemühte sich), auf.]

Andere Diphtonge

Die Diphthonge ae und ui bleiben im Plural unverändert. Vielleicht ist es erneut ein Fall, bei dem die Plural-Endung -in herangezogen werden kann:

 

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 25

Andere Plurale

Plural erweiterter Wörter

Finales -n

Endvokale sind im Zuge der Entwicklung des Sindarin verloren gegangen (z.B. gerade das -ī, welches die Umlautungen im Plural ausgelöst hat). Ebenso wurde aber auch ein -n am Wortende fallen gelassen (z.B. Altsindarin pheren (Buche) zu Sindarin fêr). Im Plural aber wurde ja noch ein weiterer Vokal angehängt, weshalb das n nun nicht mehr am Wortende stand. Im Beispiel von fêr führt das dazu, dass es sich im Plural wie feren verhält.
Weitere Wörter solcher Art sind:

Man beachte, dass aus den Plural-Wörtern oft der Singular wiederhergestellt wurde, d.h. man erkannte z.B. erain, therein als die Plural-Form von aran, thoron und führte aran, thoron entsprechend auch im Singular ein. Dies ist jedoch nicht regelmäßig geschehen, die anderen Wörter behalten den kurzen Singular. Auf der anderen Seite wird oft ein analogischer Plural der kurzen Formen eingeführt, z.B. bôr, Plural bŷr.

Finales -s

Ähnlich wie -n ist auch ein finales -s verschwunden, hier ist der Grund aber einfach nur Lenition zu einem h (siehe weiche Mutation). Dieses behauchte h war so ein schwacher Laut, dass es am Wortende verschwand. Aber auch im Plural wurde das s natürlich zu h leniert, was dann zwischen zwei Vokalen ebenso verschwunden ist.

In dieser Gruppe ist ein Auftreten analogischer Plurale nicht bekannt.

Finale -or, -ol

Eine Reihe von Wörtern endete in Altsindarin auf die Kombination von einem Konsonanten und -r oder -l, z.B. ogl (böse). Diese wurden einsilbig ausgesprochen und auch regelmäßig umgelautet, im gegebenen Fall führte das zu eigl (daneben auch ygl). In der Folgezeit wurden diese Wörter jedoch zweisilbig, indem ein weiterer Vokal eingeschoben wurde. Dieser ist im Singular o, im Plural dagegen i, d.h. ogol, Plural eigil oder ygil. Daneben gibt es vermutlich auch die Möglichkeit, einen analogischen Plural direkt von der Singular-Form zu bilden, was egyl ergibt.

[Vermutlich gab es ein Zwischenstadium, in dem das finale -l bzw. -r silbisch wurde. Ein silbisches -l bildet z.B. die zweite Silbe des englischen Wortes apple; ein gerolltes silbisches r ist z.B. im Tschechischen ganz prominent, wie etwa in prst (Finger).]

Zweimal sehen wir bei solchen Wörtern jedoch den Plural durch die Endung -in, was bedeuten könnte, dass sie in solchen Fällen zum Tragen kommt.

Allerdings ist legrin nicht explizit als Plural-Form gekennzeichnet und könnte genauso gut eine parallele Singular-Form sein.

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, SS. 149, 142

Finales -a

Frühes Sindarin hatte einen Reibelaut, den Tolkien bei anderen Sprachen oft mit gh schrieb, im archaischen Sindarin aber meist mit ʒ darstellte (Unicode-Font installiert?), online wird das oft mit der Ziffer 3 ersetzt; also z.B. i-ghaladh, i-ʒaladh, i-3aladh. Es handelt sich um die stimmhafte Form des Lautes ch (dem deutschen r sehr ähnlich). Dieser Laut verschwand irgendwann, in aller Regel vollständig (i ghaladh > i 'aladh, hughorn > huorn), am Wortende jedoch wandelte sich dieser Laut zum Vokal -a um. Im Plural findet man an dieser Stelle -i.

In dieser Gruppe ist ein Auftreten analogischer Plurale nicht bekannt.

Finales -o

Bei Wörtern, die ursprünglich auf den Vokal -o endeten, wurde der Plural ebenfalls mit -i gebildet, was jedoch zum Diphthong -ui führte. Ein Diphthong am Wortende konnte jedoch nicht verloren gehen, -ui wurde in diesem Fall stattdessen zu -y. Unter dem Strich sieht es so aus, als ob die Wörter den Plural durch ein angehängtes -y formen. Auf der anderen Seite gibt es hier auch einen analogischen Plural, der sich von den Singular-Formen ableitet, denen man nicht mehr ansieht, welchen Endvokal sie verloren haben.

[Das finale -o stammt hier entweder von -o oder -u ab. Es gibt keine Plurale dieser Form bei finalem -a und -e, weil hier im Plural -ai, -ei zu -ī wurden (Parma Eldalamberon 13, S. 116).

Finales -w

Einige Wörter waren im frühen Sindarin einsilbig und endeten auf den Halbvokal -w (der bis dahin keine eigene Silbe einnahm). Das alte Sindarin-Wort curw (Geschick) bildete vermutlich einen regelmäßigen Plural cyrw. Ähnlich den beiden oberen Fällen vereinfachte sich die Aussprache jedoch irgendwann, und -w nahm nach Konsonanten eine eigene Silbe ein, wurde also zum Vokal -u. So wurde curw zu curu, der Plural dagegen cyru. Auf der anderen Seite gibt es auch hier wieder direkt vom Singular abgeleitete analogische Plural-Formen wie cyry.

Quellen:
Parma Eldalamberon 13, S. 148

Die Endung -in

Einige einsilbige Wörter bilden in Sindarin den Plural nicht allein durch i-Umlautung, sondern mit Hilfe der Endung -in (die wiederum i-Umlautung im Rest des Wortes auslöst). Unter welchen Umständen dies passiert, ist jedoch unklar.

Vom Plural abgeleitete Singulare

Es existieren einige Substantive in Sindarin, deren Grundform nicht der Singular, sondern der Plural ist. Dies kommt daher, dass die von diesen Wörtern beschrieben Dinge meist eine Bezeichnung für einen Verbund, eine Gruppe oder eine fest zusammengehörende Anzahl sind. Der Plural ist sozusagen die "natürlichere" Art der Beschreibung. Um dann dennoch ein einzelnes Exemplar bezeichnen zu können, bedient man sich einer "Singular-Endung" -ig, -eg, -og, -od (in einem Fall auch das Zahlwort er- "eins"):

Man vergleiche auch die Diminutivendungen.

Das erste Element einer Zusammensetzung

Einige Beispiele zeigen, dass eine Wortzusammensetzung bei der Pluralbildung offenbar wie ein einziges Wort behandelt werden kann: Das Wort edenedair (Menschenväter) ist der Plural von adanadar (Menschenvater), das aus adan (Mensch) und adar (Vater) zusammengesetzt ist. Dabei kann sogar der erste Teil separat vom zweiten umgelautet werden, z.B. orodben (Bergbewohner) aus orod (Berg) und pen (Person) wird zu erydbin, wobei die Plural-Form eryd benutzt wird, obwohl o in Wortmitte zweimal zu e werden müsste.

Wenn jedoch der erste Teil der Zusammensetzung ein erkennbares Wort oder eine erkennbare Vorsilbe war, so wurde er wiederhergestellt und nicht umgelautet. Dies ist nicht immer regelmäßig geschehen.

Dagegen bleibt aber z.B. immer erphin.

Der Klassenplural (Gruppenmehrzahl)

Der Klassenplural wird in Sindarin benutzt, wenn alle Exemplare einer bestimmten Sorte gemeint sind (oder auch alle in einem bestimmten Kontext); und nicht nur eine Teilgruppe. Er wird mit der Endung -ath gebildet. Es handelt sich um eine echte Plural-Form, nicht nur um eine Zusammensetzung, weshalb auch der Plural-Artikel in mit nasaler Mutation benutzt werden muss; ebenso müssen Adjektive, die sich auf so ein Wort beziehen, im Plural übereinstimmen.

Man beachte, dass wenn es im Wortstamm ein i gibt, und diesem i nur ein einzelner Konsonant folgt, die Endung die Form -iath annimmt:

Um Volksgruppen oder Rassen zu bezeichnen, verwendet man ebenfalls -ath. Daneben gibt es die Endungen -rim, -waith (die in etwa mit "Volk" übersetzt werden können) und -hoth (dieses tendiert in Richtung von "Horde" mit negativer Bedeutung).

Die Endungen -rim und -ath können auch geographisch verwendet werden, etwa um ein Gebirge zu bezeichnen (z.B. liniath und pinnath, siehe oben).

Schließlich gibt es noch die selten vorkommende Endung -lir:

Der Dual (Zweizahl)

Das frühe Sindarin verfügte über einen Dual, d.h. eine Mehrzahlform, die konkret nur auf zwei Objekte dieser Art hinweist. Ein Auge z.B. ist ein hen, mehrere Augen sind somit hin, zwei Augen wären tâd hin. Das wären aber zwei beliebige Augen, z.B. eines von Peter, eines von Klaus. Wenn man also konkret die beiden Augen von Klaus meint, dann benutzt man hent.

Der Dual wurde ursprünglich mit -t (in der Folgezeit leniert zu -d) oder mit dem Vokal -u gebildet. Es gibt im klassischen Sindarin jedoch keine regelmäßige Art und Weise mehr, Dual-Formen zu bilden, wie das etwa in Quenya der Fall ist (man sagt, die Bildung sei unproduktiv). Stattdessen werden einige historisch fixierte Duale von natürlichen Paaren benutzt (wie etwa die Hosen im Deutschen, die man formal im Plural benutzt und den Dual meint; oder die englischen glasses). Zudem spielt hier Quenya-Einfluss eine Rolle. Als die Exil-Noldor in Mittelerde ankamen, war das Quenya-Wort für die beiden Bäume Valinors (Telperion und Laurelin) Aldu, und der ihnen geweihte Wochentag hieß Aldúya. Dieses wurde in Sindarin als Galadhad, bzw. als Orgaladhad übersetzt, was aber einen Neologismus darstellt, weil die Sindar die beiden Bäume nicht kannten und kein Dual-Wort dafür nötig hatten.
Bekannte Dual-Formen sind:

Tabelle der i-Umlautungen

Hier sollen die Möglichkeiten der i-Umlautung nochmals zu Nachschlagezwecken zusammengefasst werden. I-Umlautung ist ein Phänomen in Sindarin, welches an mehreren Stellen auftritt (auch ganz wie im Deutschen), z.B. bei Verbkonjugationen oder Wortbildungen, daher sollen ganz unterschiedliche Beispiele gebracht werden.

  nicht-finale Silbe finale Silbe Beispiele
a e (immer im Plural und bei Verben)
ei
(falls ursprüngliches j folgte)
ai aran (König), Plural erain
aran (König), ereinion (Königssohn) (aus aran-jon-)
gar- (halten, besitzen) ⇒ gerin (ich halte)
e unverändert i ped- (sprechen) ⇒ pedin (ich spreche)
silivren (weiß glitzernd), Plural silivrin
i unverändert unverändert tir- (beobachten, blicken auf), tirin (ich beobachte)
sîr (Fluss), Plural sîr
o (œ >) e y
ui (selten)
ei (selten)
(œ >) e (selten)
or + inerin (über dem) (früher œrin)
Dorn (Zwerg), Plural Dyrn
thol (Helm), Plural thuil
doron
(Eiche), Plural derein
orod
(Berg), Plural eryd, ered (früher œryd, œrœd)
u y y tog- (bringen), udunc (brachte) ⇒ ydyngir (brachten)
curu (Geschick), Plural cyry
au (o) unverändert oe Rodon (Vala), Plural Rodyn
naug
(Zwerg), Plural noeg

Mutationen (Anlautveränderungen)

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Eine der charakteristischsten (und oft als eine der am schwierigsten erachteten) Besonderheiten des Sindarin sind die sogenannten Konsonanten-Mutationen. Dies bezeichnet die Veränderung von Konsonanten am Wortanfang. Ausgelöst wurden sie ursprünglich durch Präpositionen und Artikel, die in Sindarin so eng an das folgende bezügliche Wort gebunden sind, dass sie annähernd als dessen Teil angesehen werden können.

Ausgelöst werden Mutationen also auch im späteren Sindarin hauptsächlich durch Präpositionen und Artikel, und es hängt von der Endung dieses kurzen Wortes ab, welche Art von Mutation vorliegt. Hinzu kommt jedoch, dass auch verschiedene grammatische Funktionen später durch die weiche Mutation (die mit Abstand häufigste) angezeigt wurden.

Ein Beispiel zur Veranschaulichung:

Man betrachte die beiden verschiedenen Wörter saew (Gift) und haew (Gewohnheit): Eine Mutationsregel besagt, dass s in bestimmten Zusammenhängen zu h wird. Der Singular-Artikel i ist einer der Auslöser dieser Mutation, so dass "das Gift" nicht i saew, sondern i haew lautet. Obwohl haew auch "Gewohnheit" bedeutet, ist dies für einen Sindarin-Kenner nicht missverständlich. Denn eine weitere Mutationsregel besagt, dass an dieser Stelle ein h zu ch wird. Somit heißt "die Gewohnheit" nicht i haew, sondern i chaew, womit die beiden Wörter wieder unterscheidbar geworden sind.

Natürlich gibt es hier viele Gelegenheiten für unerfahrene Sindarin-Lerner, durch Unkenntnis der Mutationsregeln auf falsche Wortbedeutungen zu schließen. Die Gefahr, beim Lesen von i haew eine Wortliste zur Hand zu nehmen und unter haew nachzuschlagen, und den Ausdruck mit "die Gewohnheit" zu übersetzen, ist natürlich sehr groß, wenn man die Mutationsregeln nicht verstanden hat. Daher sei das Verständnis der Mutationsregeln (trotz ihres Umfangs) jedem Einsteiger ans Herz gelegt, weil man sonst nicht in der Lage ist, Sätze aus dem Sindarin zu übersetzen.

Ein Wort kann in einem Satz immer nur einmal mutiert werden. Falls ein Wort für zwei verschiedene Mutationen in Frage kommt, so hat eine phonologische Mutation Vorrang vor einer grammatikalischen (z.B. nasale Mutation durch den Pluralartikel vor der weichen Mutation als direktes Objekt).

Teilweise haben wir von Tolkien Mutationstabellen oder -erklärungen (jedoch keine expliziten Beispiele, weshalb sie hier in gelb angegeben sind), an anderen Stellen schließen wir die Mutationen aus Beispielen oder aus denselben Lautverschiebungen in der Mitte des Wortes. Folgende Mutationen sind bekannt:

Die Details sind sehr umfangreich und werden im Folgenden dargestellt. Es ist aber nicht unbedingt nötig, sich die Veränderungen, die die Mutationen auslösen, Laut für Laut zu merken, da sie sehr systematisch auf die verschiedenen Lautklassen wirken. Siehe hierzu die Faustregeln.

Die weiche Mutation (Lenition)

Die weiche Mutation kommt in Sindarin am häufigsten vor. Wie der Name besagt, werden hierbei "harte" Konsonanten am Wortanfang zu "weichen" Konsonanten verändert. Der linguistische Fachausdruck dafür lautet "Lenition". Ein Konsonant, an dem diese Mutation durchgeführt wurde, ist "leniert" worden. Tolkien benutzt die Begriffe soft mutation, vocalic mutation und lenition.

Die Faustregel besagt, dass Lenition von Vokalen hervorgerufen wird, das gilt sowohl für Präpositionen, die auf einen Vokal enden, wie auch für das innere eines Wortes, wo ein Konsonant auf einen Vokal folgt. Da allerdings Vokale in der Folgezeit verschwinden konnten, ist die Situation im klassischen Sindarin nicht mehr an allen Stellen transparent.

Nachfolgend eine Liste, wann Lenition angetroffen wird:

  1. Der bestimmte Singular-Artikel i löst Lenition aus (z.B. tal (Fuß) ⇒ i dal (der Fuß) (manchmal i-dal geschrieben), auch in der Funktion als Relativpronomen (z.B. cuina- (leben) ⇒ firn i guinar (Tote, die leben)). In letzterem Fall kann im Plural auch die Nasalmutation verwendet werden.

  2. Eine ganze Reihe von Präpositionen und Präfixen lösen im darauffolgenden Wort die weiche Mutation aus. Präfixe (Vorsilben) und Präpositionen sind in Sindarin oft schwer oder gar nicht zu unterscheiden (so können sie in Tengwar mit dem Folgewort zusammengeschrieben werden).

  3. Die in der thematischen Wortliste aufgeführten Vorsilben lösen Lenition aus, obwohl sie nicht immer auf einen Vokal enden. Es handelt sich vermutlich um analogische Lenition:

    Hierzu gehört noch:

    Hier wird Lenition statt der erwarteten Nasalmutation benutzt, um Überschneidungen mit anderen Verbformen zu vermeiden.

  4. Adjektive werden oft mutiert, wenn sie direkt hinter dem zugehörigen Substantiv stehen (siehe Adjektive). Dies ist jedoch kein Muss, und in gut der Hälfte der bekannten Fälle finden wir keine Lenition.

  5. Das direkte Satzobjekt (= Akkusativ-Objekt) wird weich mutiert, das indirekte (Dativ-)Objekt wird normalerweise mit der Präposition an und Nasalmutation ausgedrückt.

  6. Das zweite Wort in einem zusammengesetzten Ausdruck wird oft weich mutiert. Je nach dem, mit welchem Konsonanten das erste Wort aufhört, und in welcher Zeit die Zusammensetzung gebildet wurde, können aber auch Assimilationen oder andere Mutationen gefunden werden. Ebenso werden einzelne Konsonanten zwischen Vokalen innerhalb eines Wortes weich mutiert. Die Situation ist recht kompliziert und eine ausführliche Erklärung würde hier den Rahmen sprengen.

So verändern sich die Konsonanten bei der Lenition:

p-, t- und c- werden zu ihren weichen (stimmhaften) Gegenstücken b-, d- und g-:

b- und d- werden zu Reibelauten v- und dh-:

g- verschwindet komplett (parallel zu b und d war es zu einem Reibelaut gh geworden, der allerdings verloren ging); man kann aber einen Apostroph schreiben, um dies anzuzeigen (in Tengwar wird das sogenannte gasdil benutzt):

h-, hw-, s- und m- werden zu ch-, chw-, h- und v-:

Zuweilen kann man leniertes m- auch als mh- schreiben (z.B. mhellyn statt vellyn). Das spiegelt die alte Aussprache wieder, es handelt sich um einen Reibelaut, der ursprünglich mit den beiden Lippen gebildet wurde. Der vorangehende Vokal wurde nasaliert. Im klassischen Sindarin ist die Aussprache jedoch identisch zu v (d.h. ganz gewöhnlich mit der oberen Zahnreihe und der unteren Lippe gebildet).

Die Laute f-, th-, n-, r- und l- bleiben unverändert:

Die stimmlosen rh- und lh- werden in der archaischen Sprache zu thr- und thl-, in der Spätzeit aber zu stimmhaften r- und l-. Hierbei schreibt man genau wie beim g- einen Apostroph, d.h. 'r- bzw. 'l-, um diese Laute von den gewöhnlichen l und r zu unterscheiden:

Die Nasalmutation

Die Nasalmutation wird ausgelöst von Wörtern, die auf den Nasal -n enden. Generell führt sie Verschlusslaute in Reibelaute über und lässt Nasale ungeändert. Es folgt eine Liste, wann sie angetroffen wird.

  1. Am häufigsten tritt Nasalmutation auf, wenn sie durch den Plural-Artikel in hervorgerufen wird (z.B. periain (Halblinge) ⇒ i pheriain (die Halblinge)). Insbesondere trifft das auch zu, falls der Plural-Artikel in als Relativpronomen benutzt wird (z.B cuina- (leben) ⇒ firn i chuinar (Tote, die leben)). Es kann hier aber auch Lenition verwendet werden. Man beachte, dass der Artikel nach Auslösen der Mutation oft verkürzt wird.

  2. Bestimmte Präpositionen auf -n lösen Nasalmutation aus und verkürzen sich in bestimmten Fällen ebenfalls:

  3. Adjektive, die direkt nach Possessivpronomen wie nîn, gîn, lîn, în kommen, werden nasal mutiert, Die Possessivpronomen verkürzen sich jedoch nicht:

  4. In Zusammensetzungen wird oft nasal mutiert, wenn der erste Bestandteil auf ein -n endet:

So verändern sich die Konsonanten bei der Nasalmutation:

p-, t- und c- werden zu den Reibelauten ph-, th- und ch-:

b-, d- und g- werden zu m-, n- und ng-:

Es scheint so, als bliebe Nasalmutation bei Anfangskombinationen wie dr, gl-, gr-, bl-, br- aus (bzw. es verschieben sich hier nr-, ngl- wieder zurück zu dr-, gl-):

Die Aussprache ist bei der ersten Variante i ñelaidh, bei der zweiten vermutlich añ Glamhoth, dabei steht ñ in Tolkiens Notation für den Laut in Ring = /riñ/ (siehe Aussprache).

Eine Besonderheit hat man bei gw- am Wortanfang, dieses leitet sich nämlich ursprünglich von w- ab. Historisch bekommt man hier w- wie bei der Lenition, wobei sich das n verkürzt. In der Spätzeit wird gw- aber offenbar wie die oberen Kombinationen behandelt und bleibt unverändert:

h- und hw- werden zu ch- und chw-; aber in der Spätzeit ist es auch möglich, sie unverändert zu lassen:

f-, th-, s-, m-, n- bleiben unverändert, der Endkonsonant der Präpositionen ändert sich aber:

Das vorletzte Beispiel zeigt, dass es auch möglich ist, die Präposition nicht völlig zu verkürzen. Deshalb sind vielleicht auch die Varianten aph Fannor oder af-Fannor, ath thamas, as sadron, an nogoth möglich. Beim Artikel findet aber offenbar immer Verkürzung statt: mýl (Möwe), Plural mýli mýl (die Möwen).

Die Fließlaute r- und l- bleiben ungeändert. Für die Präposition nan haben wir belegt, dass das n vor r zu einem dh wird:

Ob der Plural-Artikel in vor r zu idh wird, ist ungewiss, vielleicht ist sowohl idh rych als auch i(n) rych (die Pferde) möglich. Ebenso vermuten wir, dass al lass neben a lass möglich ist.

rh- und lh- werden zu thr- und thl-; in der Spätzeit ist es aber wiederum möglich, sie unverändert zu lassen:

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S.147

Die gemischte Mutation

Einige Präpositionen endeten ursprünglish auf n gefolgt von einem Vokal (z.B. die Genitiv-Präposition ena) und lösten ursprünglich weiche Mutation aus, verloren den besagten Endvokal aber dann wieder, was dazu führte, dass unerlaubte Lautkombinationen en mh-, en v-, en dh-, en gh- (aus lenierten m, b-, d-, g-) auftraten. Kurioserweise wurde dann die Lenition rückgängig gemacht, d.h. man erhielt nun wieder en m- (später e m-) en b- (später e b-), en d-, en g-. In den keltischen Sprachen wird so ein Phänomen Provektion genannt. Ebenso kommt dort der Begriff gemischte Mutation vor, jedoch hat Tolkien keinen der beiden in den bisher veröffentlichten Materialien benutzt (anhand einiger Beispiele sehen wir jedoch die Resultate).

Unter dem Strich ist es also so, dass die gemischte Mutation identisch zu der Lenition ist, jedoch m-, b-, d-, g- unverändert lässt. Gemischte Mutation wird von den folgenden Präpositionen hervorgerufen:

Falls man den bestimmten Artikel und eine Präposition kombinieren will, so geht das oft einfach durch das Anfügen des Artikels, z.B. dan i ngaurhoth (gegen die Werwolf-Horde). Bei einigen Präpositionen treten aber bestimmte Sonderformen auf, bei denen an die Präposition -in angehängt (vergleichbar mit der deutschen Kontraktion an dem = am) und dann gemischt mutiert wird, was vielleicht eine analogische Entwicklung ist. Hierbei wird das finale -n jedoch nicht verkürzt. Belegte Fälle sind:

Vermutete Fälle sind:

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 97
Sauron Defeated, SS. 128-129

Die Sibilantmutation

Die Sibilantmutation wird von Wörtern hervorgerufen, die ursprünglich auf ein -s endeten. Tolkien beschreibt die Auswirkungen dieser Mutation zwar ausführlich, gibt ihr jedoch keinen Namen. Sie wird hervorgerufen durch:

So verändern sich die Laute:

p-, t- und c- werden zu den Reibelauten ph-, th- und ch-:

b-, d-, g-, m-, n-, s-, h-, rh-, lh- bleiben unverändert, z.B.:

Die Kombination gw- am Wortanfang stammt jedoch von w- ab. Historisch mutiert es zu chw- (aus sw-), analogisch wird es aber wie ein gewöhnliches g- behandelt:

r- und l- werden zu rh- und lh- (das ist die einzige Mutationsart, bei der sie sich ändern):

Ein i- vor einem Vokal am Wortanfang stellt eigentlich in der Aussprache den Konsonanten j- dar. Wir vermuten, dass dieser Laut zu h- wird:

[Man vergleiche die Entwicklung slōkō > lhûg (Reptil, Wurm, Schlange - Drache) mit syalmā > half (Muschel). Bei der Mutation hat man letztlich dasselbe, nämlich ein vorgelagertes s: as-loth > a lhoth und as-yār > a hâr.]

Zu beachten ist ebenso, dass diese Mutationsart Vokale beeinflusst, zwischen a (bzw. o) und dem Folgewort wird dann ein h gesprochen, welches aus der Lenition des s resultiert. In der Schreibweise kann man es zu einem der beiden Wörter verrechnen oder der Deutlichkeit halber auch mit einem Bindestrich abheben:

Im 3. Zeitalter wurde das Mutationensystem aber vereinfacht, so dass nach a und o nun einfach leniert wurde:

[Letztere Aussage ist nur eine konsistente Deutung, denn die eigentliche Situation in Tolkiens Schriften ist viel komplizierter. Zunächst beabsichtigte er wohl keine Mutation nach a und Daur a Berhael sind vermutlich leniert, weil sie das direkte Objekt eines Satzes sind. Ansonsten finden wir die folgenden Konzeptionen:

nach dem Herrn der Ringe:

Wir halten uns hier an die Konzeption mit der Sibilantmutation, weil sie auch in anderen späten Quellen vorkommt, wie etwa Athrabeth Finrod ah Andreth (Morgoths Ring, S. 301).]

Die Stoppmutation

Die Stoppmutation wird von Präpositionen ausgelöst, die auf den Stopplaut (auch: Verschlusslaut, Plosiv) -d enden. Der Begriff stop mutation wird von Tolkien an einer Stelle verwendet.

[An anderen Stellen benutzt er hard mutation und spirant mutation. Von allen Bezeichnungen scheint aber stop mutation die eindeutigste zu sein, denn harte Mutation bezieht sich in den keltischen Sprachen normalerweise auf eine Rücklenition (Provektion) b, d, g > p, t, k; und Spirantmutation wäre insofern verwirrend, als dass Spiranten (Reibelaute) zwar erzeugt werden, aber nicht Auslöser der Mutation sind. In den keltischen Sprachen ist das anders, da werden z.B. auch aus den stimmlosen p, t, k bei der Nasalmutation die stimmlosen Nasale mh, nh, ngh erzeugt. Wir benennen hier die Mutationen aber konsistenterweise nach dem Laut, der sie auslöst.]

Sie tritt bei den folgenden Präpositionen auf:

So verändern sich die Laute:

t-, p- und c- werden zu den Reibelauten th-, ph- und ch-:

b-, d-, g-, m-, n- sowie s-, f-, th-, h- und hw- bleiben unverändert, z.B.:

Zudem kann ed vor Wörtern mit den Reibelauten s-, f- und th- oft als es, ef und eth erscheinen (das gilt vermutlich auch für ned, aber nicht für o). Da ein -f am Wortende aber eigentlich für den stimmhaften Laut [v] steht (siehe Aussprache), schreiben wir der Eindeutigkeit halber eph oder ef- mit Bindestrich:

l und r bleiben unverändert und das finale -d der Präposition bleibt erhalten:

lh- und rh- werden historisch zu chr-, chl-, bleiben in der Spätzeit jedoch ebenfalls unverändert, wobei der Endkonsonant der Präposition zu -th wird:

Quellen:
Parma Eldalamberon 11, S. 17
Parma Eldalamberon 13, SS. 120-121
Parma Eldalamberon 17, SS. 24, 145, 147
War of Jewels, SS. 367-367

Die Liquidmutation

Die Liquidmutaton wird von Präpositionen ausgelöst, die mit sogenannten Liquiden (Fließlauten) enden. In Sindarin sind das r und l. Sie wird also vermutlich ausgelöst durch:

Der Begriff "Liquidmutaton" stammt zwar nicht von Tolkien, sie wird jedoch in den frühen Quellen erwähnt (als spirantal mutation, weil sie Spiranten (Reibelaute) erzeugt), ebenso gibt es dort ein Beispiel. Wir vermuten, dass sie auch in den späten Konzeptionsphasen auftreten sollte. Da kennen wir zwar keine direkten Beispiele mit Präpositionen, wohl aber können wir die Lautänderungen aus dem Verhalten von r und l in Wortmitte ableiten.

Man beachte, dass der auslösende Laut r im Gegensatz zur Nasal- oder Stoppmutation nie fallengelassen oder angeglichen wird.

Verschlusslaute, stimmhaft wie stimmlos, werden zu Reibelauten:

g- verschwindet komplett (nachdem die archaischen Formen widerum einen Reibelaut aufwiesen, siehe Lenition):

m- wird zu v- (oder mh-):

h- und hw- werden zu ch- und chw-, in der Spätzeit ist es aber auch möglich, sie unverändert zu lassen:

r-, l-, f-, th-, n-, s-, lh- und rh- werden nicht verändert.

Quellen:
Parma Eldalamberon 13, S. 164: nîr ar thîr (hero and king), S. 124, 156
Sauron Defeated, SS. 62, 70

Zusammenfassung

Faustregeln

Die Mutationsregeln sind sehr umfangreich und am Anfang sicherlich überfordernd. Es ist aber gar nicht nötig, sie Punkt für Punkt zu lernen, denn sie folgen ganz systematischen Lautänderungen, die in der folgenden Liste zusammengefasst sind. Solche systematischen Formeln lassen sich einfacher einprägen und werden in den allermeisten Fällen ausreichen, um sich zurechtzufinden.

Mutationstabelle

Hier findet man zu Nachschlagezwecken nochmals alle Mutationen für alle Konsonanten zusammengefasst:

Grundform weich (i) nasal 1 (in) nasal 2 (an) gemischt (en) Sibilant (a(h)) Stopp (ed) Liquid (or)
adan i adan in edain an adan en-adan ah adan, a hadan ed adan or adan
barad i varad i meraid am marad e-barad a barad e barad or varad
blabed i vlabed ?i blebaid ?a blabed e-blabed a blabed e blabed or vlabed
brôg i vrôg ?i brýg ?a brôg e-brôg a brôg e brôg or vrôg
caw i gaw i choe a chaw e-gaw a chaw e chaw or chaw
claur i glaur i chloer a chlaur e-glaur a chlaur e chlaur or chlaur
criss i griss i chriss a chriss e-griss a chriss e chriss or chriss
daw i dhaw i noe a(n) naw e-daw a daw e daw or dhaw
dring i dhring in dring an dring e(n)-dring a dring e dring or dhring
fend i fend i find a(f)-fend en-fend a fend e(f)-fend or fend
galadh i 'aladh i ngelaidh a ngaladh e-galadh a galadh e galadh or 'aladh
gloss i 'loss in glyss an gloss en-gloss a gloss e gloss or 'loss
grond i 'rond in grynd an grond en-grond a grond e grond or 'rond
gwath i 'wath i waith(früh),
in gwaith (spät)
an gwath en-gwath a chwath (früh)
a gwath (spät)
e gwath or 'wath
hammad i chammad i chemmaid (früh),
in hemmaid (spät)
a chammad (früh),
an hammad (spät)
e-chammad a hammad e hammad or chammad (früh),
or hammad (spät)
hwest i chwest i chwist(früh),
in hwist (spät)
a chwest e-chwest a hwest e hwest or chwest (früh),
or hwest (spät)
iâth i iâth i(n) iaith an iâth en-iâth ?a hâth ed iâth or iâth
lam i lam i laim a(l) lam e-lam a lham ed lam or lam
lhûg i thlûg (früh),
i 'lûg (spät)
i thlýg (früh),
i(n) lhýg (spät)
a thlûg (früh),
anlhûg (spät)
e-thlûg a lhûg e chlûg (früh),
eth lhûg (spät)
or lhûg
mellon i vellon i mellyn a(m) mellon e-mellon a mellon e mellon or vellon
nath i nath i naith a(n) nath en-nath a nath e nath or nath
pân i bân i phain a phân e-bân a phân e phân or phân
prestanneth i brestanneth i phrestennith a phrestanneth e-brestanneth a phrestanneth e phrestanneth or phrestanneth
rem i rem ?i(n) rim, ?idh rim adh rem e-rem a rhem ed rem or rem
rhaw i thraw (früh),
i 'raw (spät)
i throe (früh),
in rhoe (spät)
a(th) thraw (früh),
a(n) rhaw (spät)
e-'raw a rhaw e chraw (früh),
eth rhaw (spät)
or rhaw
salph i halph i seilph a(s) salph en-halph a salph e(s) salph or salph
tâl i dâl i thail a(th) thâl e-dâl a thâl e(th) thâl or thâl
thond i thond i thynd a(th) thond e-thond a thond e(th) thond or thond
trenarn i drenarn i threnern a(th) threnarn en-drenarn a threnarn e(th) threnarn or threnarn

Spezialfälle

Nasalierte Plosive

Bei der Mutation von b, d und g gibt es einige Ausnahmen. Die oben genannten Regeln gelten für jene Fälle, bei denen der jeweilige Konsonant seit den frühen Entwicklungsstufen des Elbischen unverändert geblieben ist. Jedoch gibt es eine Vielzahl von Wörtern, die in Sindarin ebenfalls b, d und g aufweisen, sich aber von Wörtern ableiten, die ursprünglich mit den Kombinationen mb-, nd-, ñg- begannen.

So stammt beispielsweise barad "Turm" von Urelbisch BARAT- ab, hatte also immer ein b- am Wortanfang, und wir finden i varad. Aber barad "verdammt" kommt von Urelbisch MBARAT-, und die Konsonantenkombination mb tritt nach dem Artikel wieder zum Vorschein, also i mbarad (der Verdammte), später i marad.

Das vollständige Schema sieht wie folgt aus:

Grundform weich nasal 1 nasal 2 gemischt Sibilant Stopp Liquid
bar (Heim, Heimat), bas(t) (Brot) i mbar, i mbas(t) (früh),
i mar, i mas(t) (spät)
i mbair a(m) mbâr e-mbar a bar e(d) bar or bar,
milbar
dor (Land), daedelos (Schrecken), dann (Nando), danwedh (Auslöse) i ndor (früh),
i nor (spät)
i ndainn a(n) ndor e-ndaedelos,
en-danwedh
a daedelos e dor or daedelos,
bardor
golodh (Noldo), gaurhoth (Werwolfhorde), guruthos (Todesschatten), gûl (Magie), giliath (Sterne) na ngeleidh
di'nguruthos
in gelydh,
in gaurhoth,
i ngaurhoth
an golodh,
a ngolodh,
e-Ngolodhrim
nuin giliath a golodh e(d) golodh or gurth,
morgul

Die urelbischen Wurzeln sind hier MBAR-, MBAS-, NDOR-, NDAY-, NDAN-, ÑGOL-, ÑGAW-, ÑGUR-, ÑGIL-.

Es ist nicht ganz leicht, hier ein konsistentes Bild aus Tolkiens Schriften zu entwickeln. Wir nehmen an, dass die Lenition die ursprünglichen Kombinationen mb- und nd- wiederherstellt, sie sich in der Folgezeit aber zu einfachen m-, bzw. n- verschieben (dies deckt sich mit Angaben aus frühen Quellen), nicht jedoch bei der gemischten und nasalen Mutation.

Die Schreibweisen e-ndaedelos und en-danwedh ändern nichts an der Aussprache, es ist somit egal, zu welchem Wort man das n verbucht. Ganz anders sieht es aus bei der Mutation von ng-, die Notation i ngaurhoth wird i ñaurhoth gesprochen (dabei ist ñ ein Nasal wie in Ring = [riñ]), bei der Notation in gaurhoth würde man dagegen iñgaurhoth annehmen. Wir finden beides in verschiedenen Quellen und vermuten, dass hier beide Möglichkeiten erlaubt sind.

Falls die Wörter dieser Stämme als direkte Objekte verwendet werden, werden sie vermutlich auf die gewöhnliche Art leniert, da kein Grund besteht, die historischen Lautkombinationen wieder auftauchen zu lassen - es handelt sich um eine grammatikalische Mutation:

Im 3. Zeitalter werden die Mutationen aber womöglich auch so weit vereinfacht, dass die oberen Spezialfälle immer mehr auf die gewöhnliche Art mutiert werden:

Dabei könnte es genauso gut sein, dass beim ersten Beispiel Tolkien den Stamm zu DOL- geändert hat, das zweite stammt aus einer Frühphase des Herrn der Ringe und ist daher nicht unbedingt relevant. Bei dag- wäre es möglich, dass die Wortwurzeln DAK- und NDAK- parallel existieren.

Ausnahmen

Das Wort rhass (Abgrund, Felshang) weist aufgrund seiner besonderen Etymologie (aus KHARÁS-, während alle anderen Wörter mit rh- von Wurzeln mit SR- abstammen) ebenfalls abweichende Mutationen auf. Historisch wird es zu i chrass leniert, später aber gewöhnlich zu i 'rass. Die Nasalmutation liefert vermutlich i chraiss.

Quellen:
Parma Eldalamberon 11, S. 8
Parma Eldalamberon 13, SS. 120-121
Parma Eldalamberon 17, SS. 104, 144
The Lost Road - The Etymologies [Wurzeln], S. 363 [rhass]
The Road Goes Ever On [Aussprache von nguruthos]
The Treason of Isengard, SS. 234, 296, 463


Artikel

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Der bestimmte Artikel in Sindarin ist im Singular einfach nur der Vokal i und löst Lenition aus, im Plural in mit der nasalen Mutation. Es wird kein Geschlecht "der/die/das" unterschieden. Ebensowenig gibt es einen unbestimmten Artikel "ein/eine" - i orod ist z.B. "der Berg", einfach nur orod ist "ein Berg". Es gibt einige Regeln bei der Benutzung des Artikels, die sich vom Deutschen unterscheiden:

  1. Im Deutschen lässt sich der Artikel nicht mit einem Possessiv- oder Demonstrativpronomen zusammen verwenden, z.B. ist "der dein Name" oder "der dieser Name" nicht möglich. In Sindarin dagegen muss der Artikel in so einem Fall verwendet werden, falls es sich um unbelebte Objekte handelt (Man könnte es so erklären, dass sich Demonstrativpronomen im Deutschen wie Artikel verhalten, in Sindarin dagegen eher wie Adjektive):

    Handelt es sich dagegen um belebte Objekte, d.h. Personen und Tiere, so entfällt der Artikel:

  2. Einzigartige Naturobjekte, wie Sonne und Mond, werden stets ohne Artikel verwendet. Tolkien schreibt sie meistens mit einem Großbuchstaben:

  3. Falls ein Wort bereits irgendwie anders näher bestimmt wird (z.B. durch eine Genitiv-Konstruktion oder einen Nebensatz), entfällt der bestimmte Artikel normalerweise vor dem ersten Wort:

    Dazu gehören auch persönliche Titel, die ohne Artikel in Apposition an den Eigennamen gestellt werden:

    An einer Stelle finden wir zwar i aran Gondor, was aber nicht in Apposition zum Namen Aragorn steht. In jedem Fall wird in allen attestierten Fällen der Artikel im Gegensatz zum Deutschen höchstens einmal verwendet.

    Alle erwähnten Regeln gelten selbstverständlich auch für den Plural-Artikel in, mit dem einzigen Unterschied, dass er Nasalmutation auslöst.

Kasus (Fälle)

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Genitiv

Der Genitiv ist ein besitzanzeigender Fall, und hat in verschiedenen Sprachen viele weitere Verwendungen. Im Hinblick auf Sindarin sind die folgenden Verwendungen hervorzuheben:

Nicht unmittelbar attestiert, aber aus Quenya erschließbar, ist auch:

Zudem dient der Genitiv als Auffangnetz für allerlei andere Beziehungen zwischen Substantiven, die hier nicht weiter klassifiziert werden sollen: "der Glanz der Sterne", "der König Gondors", "die Geschichte der Kinder Húrins", "Grabhügel der Erschlagenen", "Freunde der Elben".

Der Genitiv kann in Sindarin auf mehrere Arten ausgedrückt werden. Die einfachste und eine sehr häufige Art ist es, die Wörter einfach ohne Mutation aneinander zu stellen (vgl. die Konstruktion im Deutschen ein Blatt Papier, eine Flasche Wein etc.), das ist der sogenannte unflektierte Genitiv. Es lassen sich auch mehrere Wörter so aneinanderstellen:

Dabei kann das zweite Wort auch einen bestimmten Artikel tragen, im Singular wie im Plural:

Es gibt aber auch eine zweite Möglichkeit, den Genitiv auszudrücken, nämlich durch eine Präposition (ähnlich der Präposition of im Englischen). Diese war ursprünglich ena mit Lenition im Singular, im Plural enan mit Nasalmutation. Im Singular fanden allerdings einige Vereinfachungen statt, insbesondere wurde die Präposition zu en gekürzt, was in bestimmten Fällen die Lenition des Folgewortes wieder aufgehoben hat und zur gemischten Mutation führte. Im späten Sindarin hat man also das folgende System:

  Singular Plural
vor Vokalen en, n' nan
vor Konsonanten e(n) (gemischte Mutation)
na (weiche Mutation)
en (Nasalmutation)

Man beachte, dass auch die Präposition na (nach, zu) zu n' vor einem Vokal wird.

Beispiele vor Vokalen:

Beispiele vor Konsonanten:

Es scheint so zu sein, dass diese Formen den bestimmten Artikel bereits enthalten (ena kommt vermutlich von i-na, mit dem Artikel i). Wenn man demnach "das Pferd einer Herrin" ausdrücken will, muss man die erstere Möglichkeit mit dem unflektierten Genitiv verwenden: roch heruin.

[Der einzige ausgedehnte Kommentar zur Verwendung des Genitivs in Sindarin ist in Parma Eldalamberon, S. 97 zu finden. Tolkien fängt damit an, dass es in Altsindarin drei verschiedene Arten des Genitivs gäbe. Der unflektierte Genitiv drücke allgemeine Beziehungen aus. Der Possessiv werde mit en ausgedrückt. Die dritte Verwendung ist wohl subjektiv/objektiv mit der Präposition an oder na. Allerdings handelt es sich um hastig niedergeschriebene Notizen, die schwer nachzuvollziehen sind. Zudem wird dabei der Genitiv mit Endungen -na, -ia, -on, -ion kombiniert - eine Konzeption, die später fallen gelassen wurde, bis auf dagnir Glaurunga im Silmarillion, was wohl als eine Dialektform zu verstehen ist. Wir halten uns also stattdessen an die vielen separaten Beispiele des Genitivs, die nicht unbedingt darauf schließen lassen, dass eine bestimmte Präposition mit einer bestimmten Verwendung des Genitivs zusammenhängt.]

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 97

Dativ

Der Dativ bezeichnet das indirekte Objekt einer Handlung, welches im weitesten Sinne den Empfänger beschreibt. Im prototypischen Beispiel "Ich gab meinem Freund ein Buch" ist "meinem Freund" das indirekte Objekt.

Der Dativ wird in Sindarin, im Singular wie im Plural, durch die Präposition an (für, zu) mit Nasalmutation ausgedrückt:

Bei einer Kombination mit dem bestimmten Artikel fehlen uns passende Beispiele, vermutlich kann man den Artikel einfach nachstellen;

Aus dem Herrn der Ringe kennen wir aber ein Beispiel, welches eine umgangssprachliche Verkürzung von an i(n) zu 'ni (mit Nasalmutation) zu sein scheint:

Wenn der Kontext es erlaubt, kann die Präposition aber auch gänzlich ausgelassen werden, die Wortstellung ist dabei direktes vor dem indirekten Objekt:

Akkusativ

Der Akkusativ bezeichnet das direkte Objekt einer Handlung, welches im weitesten Sinne etwas bezeichnet, was durch die Handlung manipuliert wird. Im prototypischen Beispiel "Ich gab meinem Freund ein Buch" ist "ein Buch" das direkte Objekt.

Der Akkusativ bekommt in Sindarin keine Präposition, sondern wird einfach durch die weiche Mutation des entsprechenden Wortes ausgedrückt (siehe hierbei auch Spezialmutation):

Bei einer längeren Liste von Objekten im Akkusativ braucht aber nur das erste leniert zu werden:

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 144
Sauron Defeated, SS. 128-129

Adjektive und Adverbien

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Adjektive

Adjektive in Sindarin werden in den allermeisten Fällen hinter das Substantiv gestellt, das sie bezeichnen. Dabei müssen sie im Numerus (Singular/Plural) mit diesem übereinstimmen. Für die Pluralbildung gelten dieselben Regeln wie für Substantive. Oft werden nachgestellte Adjektive weich mutiert, jedoch keineswegs immer. Es ist unbekannt, ob eine tiefgehende Systematik dahinter steckt:

Adjektive können in zwei Weisen verwendet werden: attributiv und prädikativ. Attributive Adjektive sind einfach nur die Eigenschaften eines Substantivs und sind diesem untergeordnet (z.B. "großes Haus"). Prädikative Adjektive beziehen sich dagegen auf ein Subjekt und nehmen grammatikalisch die Rolle von Verben ein. Im Deutschen werden sie mit dem Verb "sein" verknüpft (z.B. "das Haus ist groß"). In Sindarin fehlt dieses Verb, so weit wir wissen. Wir vermuten, dass prädikative Adjektive in Sindarin nicht leniert werden, lenierte Adjektive dagegen immer attributiv sind. Zudem wird ein prädikatives Adjektiv dem Subjekt vorangestellt (siehe Wortstellung):

Man beachte, dass nach Possessivpronomen nasal mutiert wird (in attributiver Verwendung).

Attributive Adjektive können auch vorangestellt werden (z.B. in Poesie), es mangelt uns aber an Beispielen, um sichere Mutationsregeln zu folgern:

Unsere Kenntnisse über den Komparativ und Superlativ von Adjektiven in Sindarin sind leider sehr begrenzt und wir müssen uns durch Analogien aus Quenya behelfen. Vermutlich gibt es keine Komparativ- bzw. Superlativ-Formen im gewöhnlichen Sinne, sondern nur eine intensivierte Form, die mit der Vorsilbe an- (und Nasalmutation) oder mit ra-, ro- (und weiche Mutation) gebildet werden kann:

[Tatsächlich ist die Situation mit an- wesentlich komplizierter, weil es zu einer sogenannten "dynamischen Längung" kommt, siehe hierfür Intensifying Prefixes in the Etymologies.]

Je nach Kontext kann ein Wort wie einior also als "sehr alt", "älter" oder "am ältesten" übersetzt werden.

Einen expliziten Komparativ könnte man mit athar (jenseits) anstellen:

Um einen expliziten Superlativ auszudrücken, z.B. wenn man sagen will, dass ein Stern der hellste aller Sterne ist, würde man vermutlich eine Konstruktion mit dem Genitiv benutzen:

Quellen:
Tolkien - Artist and Illustrator, S. 150

Adverbien

Wie sich ein Adjektiv auf ein Substantiv bezieht (der plätschernde Wasserfall), so bezieht sich ein Adverb auf ein Verb (der Wasserfall plätschert schön), ein Partizip oder ein anderes Adjektiv (der schön plätschernde Wasserfall) oder ein anderes Adverb (der überwältigend schön plätschernde Wasserfall).

In Sindarin (wie auch im Deutschen) sind Adverbien und Adjektive von der Form her meist identisch. Das heißt, jedes Adjektiv kann auch als Adverb verwendet werden, es sei denn, es ist ein separates Adverb bekannt (was nicht oft der Fall ist und keinen festen Regeln unterliegt).

Adverbien, die sich von den zugeörigen Adjektiven unterscheiden, sind z.B.:

Genau wie Adjektive können Adverbien, die einem Verb folgen, leniert werden, müssen es jedoch nicht:

Sind Adverbien jedoch vorangestellt, so wird das Folgewort leniert:

Im letzten Beispiel ist gi das lenierte Personalpronomen ki "du".

[In einer alternativen Deutung wollte Tolkien govannen (getroffen) aus dem Verb covad- (treffen) ableiten, um der Mutationsregel zu folgen. Da sich aber govan- und die Vorsilbe go- (zusammen, mit) offenbar zu stark verfestigt hatten, war das Einschieben des Pronomens ki eine Rettung in dieser Situation, die sowohl die Mutationsregel als auch govan- erhielt. Die Mutationsregel scheint also erst nach dem Aufschreiben der Phrase erfunden worden zu sein.]

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 16

Verben

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Grundlegendes

Verb-Klassen

In einer groben Unterteilung lassen sich die Verben in den elbischen Sprachen in zwei Klassen einteilen:

Die Verben werden nach ihren Stämmen gelistet, die die Grundlage für ihre Konjugation bilden.

Personenendungen

In Sindarin werden Numerus (Einzahl, Mehrzahl und Zweizahl) und Person in der Regel durch Endungen ausgedrückt, die an den Wortstamm angehängt werden. Diese Endungen werden für alle Zeitformen benutzt.

Subjekt Singular Plural Dual
1. Person -n (ich) -m (wir; exklusiv)
-nc (wir; inklusiv)
-m, -(m)mid (wir beide; exklusiv)
-nc, -ngid (ich und du/Sie; inklusiv)
2. Person -g (du)
-l (Sie)
-g(ir) (ihr)
-dh
(ir) (Sie)
-ch (ihr beide)
-dh(id) (Sie beide)
3. Person - (er/sie/es) -r (sie) -st (sie zwei)

Bemerkungen:

  1. Mit den exklusiven und inklusiven Formen hat es folgendes auf sich: Wenn man mit "wir" den oder die Angesprochenen mit einbezieht, dann benutzt man die inklusive Form, wenn man ihn oder sie aber nicht einbezieht, die exklusive. Wenn die Elben zu den Menschen also sagen "Wir verlassen Mittelerde", dann benutzen sie eine exklusive Form, wenn sie aber sagen "Wir sind alle Kinder Ilúvatars", benutzen sie eine inklusive. Ganz genauso ist es beim Dual, wo genau zwei Personen gemeint sind. Zum Beispiel würde man auf einer Einladungskarte zur Hochzeit bei "Wir laden euch zu unserer Hochzeit ein" korrekterweise eine exklusive Dual-Form benutzen. Der Autor eines Lehrbuchs wird in einem Satz "Wir rechnen jetzt diese Aufgabe aus" eine inklusive Dual-Form benutzen, weil er sich selbst und den Leser meint, den er in seine Überlegungen einbezieht. Der alte Witz, bei dem ein Ossi zu einem Wessi geht und sagt "Wir sind ein Volk", worauf der Wessi "Wir auch" antwortet, nutzt gerade die Tatsache aus, dass Deutsch nicht zwischen dem exklusiven und dem inklusiven "wir" unterscheidet, und ist damit ins Sindarin nicht ohne weiteres übersetzbar.

    Die Unterscheidung dieser beiden Formen geht jedoch in Sindarin (und in Quenya) im Laufe der Zeit verloren. Insbesondere Menschen der späten Zeitalter, die Sindarin als Fremdsprache lernen, ignorieren oft diese Feinheit.

  2. In der zweiten Person gibt eine Unterscheidung zwischen gewöhnlichen und höflichen Formen, welches dem Duzen und Siezen im Deutschen entspricht.

  3. Die angegebenen Endungen werden nur benutzt, wenn kein anderes Subjekt explizit genannt ist, z.B. linna- (singen): linnon (ich singe), linnog (du singst), linna (er/sie/es singt). Falls das Subjekt in der Form eines Pronomens aber explizit genannt ist, wird die Endung der 3. Person verwendet: im linna (ich singe), ech linna (du singst), di linnar (sie singen). Solche Konstruktionen kann man vielleicht zur besonderen Betonung verwenden.

Präsens (Gegenwart)

Das Präsens wird in Sindarin gebildet, indem die oben genannten Endungen an den Wortstamm angehängt werden. Bei Stammverben fungiert dabei -i- als Bindevokal, der i-Umlautung auslöst. Die Vokaländerungen entsprechen dabei den Vokaländerungen im Plural in einer nicht-finalen Silbe (siehe Tabelle der i-Umlautungen). In der 3. Person Singular ist dabei zu beachten, dass der Stammvokal gelängt wird, falls das Wort einsilbig ist:

Die Längung hat eigentlich nichts mit Grammatik zu tun, in Sindarin werden die Vokale in einsilbigen Wörter generell verlängert, um ihre Kürze zu kompensieren. Sie fehlt nur dann, wenn auf den Vokal ursprünglich ein Konsonantencluster folgte, z.B. fân (Wolke), aber nand > nann > nan (Tal).

Der Wortstamm abgeleiteter Verben endet bereits auf einen Vokal, so dass die Endungen direkt angehängt werden können. Es ist hier aber zu beachten, dass bei bestimmten Endungen das -a des Wortstammes zu o wird:

Bemerkungen

  1. Wie erwähnt, ist der überwiegende Teil der Stammverben einsilbig und endet auf einen Konsonanten, es gibt jedoch die Ausnahme gwa- (gehen). Hier werden Suffixe ebenfalls mit dem Bindevokal -i-angefügt, aber die urelbische Kombination ai wird zu ae:

    Eine weitere Besonderheit ist carfa- (reden, sprechen), was eigentlich auch ein Stammverb ist (Urelbisch KARAP-). Wir wissen nicht genau, wie es im Präsens konjugiert wird, möglicherweise als Stammverb wie gwa-, sehr wahrscheinlich ist aber auch eine Konjugation unter dem Einfluss abgeleiteter Verben:

    Das Verb ritha- (versuchen, sich bemühen) taucht in der 3. Person Singular in der Form reitha auf, vermutlich auch im Imperativ reitho.

  2. Manche Stammverben enden zwar auf einen Konsonanten, sind aber mehrsilbig, weil sie mit einer Vorsilbe gebildet wurden, z.B. echad- (machen, herstellen) aus cad- (formen). In so einem Fall kann die Vorsilbe von der i-Umlautung unbeeinflusst sein. Die Gründe dafür sind unklar, es könnte aber sein, dass durch das Ausbleiben der i-Umlautung eine Überschneidung mit anderen Vorsilben verhindert wird; oder aber es spielen klar erkennbare Vorsilben eine Rolle (vergleiche Das erste Element einer Zusammensetzung). Wir schlagen vor, dass die folgenden Vorsilben nicht umgelautet werden:

    Alle anderen werden umgelautet, z.B.:

    [Wir folgern das aus Infinitiven der früheren Noldorin-Phase, z.B. ortheri, adlegi, aber esgeri.]

Vergangenheit

Es gibt hier eine gute und eine schlechte Nachricht. Die gute: Sindarin kennt nur eine Vergangenheitsform, d.h. etwa keine Unterscheidung zwischen Perfekt, Imperfekt und Plusquamperfekt. Die schlechte: Die Bildung der Vergangenheit ist recht kompliziert. Wir müssen hierzu die Unterteilung in einfache und abgeleiete Verben weiter verfeinern. Es ist noch zusätzlich zu bemerken, dass Verben mehr als eine Vergangenheitsform haben können und dass einige Vergangenheitsformen mit der Zeit veralten und durch andere ersetzt werden.

Man kann diese Situation z.B. mit dem deutschen Verb backen vergleichen. Die historische Imperfekt-Form in der 3. Person ist buk. Es handelt sich um eine sogenannte starke Vergangenheitsform, weil der Stamm des Verbs an sich (hier der Stammvokal) eine Änderung erfährt. Daneben findet die Variante backte auch breite Verwendung, es handelt sich um eine sogenannte schwache Vergangenheitsform, bei der der Stamm nicht geändert wird, sondern lediglich eine Endung angehängt wird. Diese Form ist aber nicht historisch, sondern erst in Analogie zu anderen Verben gebildet, die regulär schwach konjugiert werden (wie spielte, führte, machte etc.). Eine ganz ähnliche Entwicklung gab es in Sindarin, wie weiter unten erläutert wird.

Es lassen sich sechs Verbklassen unterscheiden:

(A) - Stammverben, Nasalierung

Stammverben, die einen Stopplaut b, d, g oder einen Reibelaut dh, v als letzten Konsonanten haben, bilden eine starke Vergangenheit durch die Änderung (Nasalierung) dieser Kombinationen und einer zusätzlichen Vorsilbe, einem sogenannten Augment (Stärkung).

Zum Beispiel stammt das Verb mad- (essen) von mat- ab, hier wurde im Verbstamm das t zu einem d leniert. Bei der Vergangenheit lagert sich aber ein Nasal vor das t ein und verhindert die Lenition: ma-n-t, zusätzlich wird der Stammvokal a als Augment vorangestellt und man bekommt letztlich die urelbische Vergangenheitsform amant-. Das Augment löst aber wiederum Lenition vom Anfangskonsonanten mv aus, und die Vergangenheitsform von mad- ist letztlich avant (aß). Falls eine Personenendung angehängt wird, ändert sich die Kombination nt zu nn, als Bindevokal fungiert normalerweise ein -e-, also z.B. avannen (ich aß).

Die Änderung des letzten Konsonanten verläuft nach dem folgenden Schema:

  Wortende Wortmitte
b -mp -mm-
d -nt -nn-
g -nc -ng-
dh -nt -nn-
v -mp -mm-

Beispiele:

Bei mehrsilbgen Stammverben mit einem Präfix entfällt das Augment:

(B) - Stammverben, Längung

Stammverben, die r, l oder w als letzten Konsonanten haben, bilden eine starke Vergangenheit durch eine Änderung des Vokals in der letzten Silbe und mit dem Zusatz eines Augments.

Als Beispiel soll das Verb kar- (tun) dienen. Hier wurde im Urelbischen der Stammvokal vorangestellt und das a in der letzten Silbe wurde gelängt: a-kar-. Der vorangestellte Vokal löste Lenition k > g aus, der lange Vokal a veränderte sich aber zu einem langen o und wurde schließlich gekürzt. Die Vergangenheit von kar- (tun) ist also agor (tat). Beim Anhängen von Personenendungen hat man wieder -e- als Bindevokal, z.B. agoren (ich tat).

Die Vokaländerungen gehen nach dem folgenden Schema:

Präsens Verg.
a o
e i
i i
o u
u u

Beispiele:

Bei Verben mit dem Stammvokal o muss man allerdings aufpassen, weil dieser Vokal sowohl von einem urelbischen o, als auch von u abstammen kann. Dieser ursprüngliche Vokal kommt als Augment hinzu:

Um den richtigen Stammvokal herauszufinden, muss man einen Blick auf die Wortwurzel werfen oder auf entsprechende Formen in Quenya, wo sich der Vokal nicht geändert hat. In diesem Fall wären das Quenya nor- (rennen), norin (ich renne) mit einem o und tul- (kommen), tulin (ich komme) mit einem u.

Wie bei der Verbklasse (A) gilt hier, dass das Augment entfällt, falls ein Stammverb mit einer Vorsilbe gebildet wurde. Der Vokal der Vorsilbe bleibt unbeeinflusst:

(C) - abgeleitet

Die meisten abgeleiteten Verben bilden eine schwache Vergangenheit. Dabei muss man zwischen transitiven und intransitiven Verben unterscheiden. Ein transitives Verb kann ein direktes Objekt haben, z.B. fällen: Man kann etwas fällen, etwa ein Urteil oder einen Baum. Intransitive Verben können dagegen kein direktes Objekt haben, z.B. fallen, was auf kein anderes Objekt gerichtet ist.

Transitive Verben bilden eine schwache Vergangenheit mit der Endung -nt (in Wortmitte -nn-), intransitive mit -s oder -st (in Wortmitte -ss-, bzw. -st-):

Einige Verben sind von Natur aus transitiv oder intransitiv, andere können aber wiederum auf beide Arten benutzt werden. Einige Beispiele von Tolkien lassen vermuten, dass hier entweder -nt oder -s benutzt wird, je nach dem, ob eine transitive oder intransitive Bedeutung gemeint ist:

Man würde vermutlich sagen Rithant i râd thent (Er versuchte den kurzen Weg), aber And i râd, e rithas (Der Weg [war] lang, er bemühte sich). Das betrifft vermutlich auch die oberen Beispiele, z.B. teithant beth (er schrieb ein Wort), aber teithas anann (er schrieb lange) ohne Objekt.

[Die Endung -nt ist eigentlich eine analogische Bildung und entstammt der häufigen Entsprechung von -d im Präsens und -nt in der Vergangenheit (Klasse (A)). Der Ursprung der Endungen -s(s), -st ist unbekannt.]

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 44

(D) - abgeleitet mit Suffixverlust

Einige abgeleitete Verben behalten ihren Suffix -a, -ia, -na, -ma -tha, -ra, -la im Präsens, lassen ihn in der Vergangenheit aber fallen. Auf diese Weise verhalten sie sich in der Vergangenheit genauso wie Stammverben aus den Kategorien (A) und (B):

(E) - kausativ

Es gibt eine Reihe abgeleiteter Verben, die kausativ sind. Das bedeutet, dass sie sich sich von einem Adjektiv ableiten und anzeigen, dass die gegebene Eigenschaft vermittelt wird. Dazu gehören:

Wie man sieht, sind diese Verben mit dem Suffix -d abgeleitet, da dieser aber einen Konsonanten darstellt, verhalten sie sich wie zweisilbige Stammverben. Insbesondere haben sie immer eine starke Vergangenheit wie die Klasse (A) (siehe auch Bemerkung 4):

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 44

(F) - unregelmäßig

Es gibt auch eine Reihe unregelmäßiger Verben, die besondere Entwicklungen zeigen.

Bemerkungen

  1. Bei Verben, die mit g- oder s- beginnen, wird die starke Vergangenheit zwar genauso gebildet wie bei anderen Stammverben, aber die Lenition führte zu gh und h, die so schwache Laute waren, dass sie im Laufe der Zeit verschwanden und die Verbformen verkürzt wurden:

    Speziell bei Verben, die mit einem g- beginnen, gibt es auch die Möglichkeit, dass dieses g in Wortmitte zu ng und das Verb nicht verkürzt wird. Dies ist in Analogie zu solchen Verben gebildet, die sich aus urelbischen ÑG-Wurzeln ableiten (siehe Spezialfall-Mutation). (So sagt es Tolkien; allerdings kennen wir eigenltich gar keine Spezialfall-Verben aus ÑG-Wurzeln!)

  2. Bei Verben, die mit b-, d-, g- beginnen und sich aus MB- ÑG- und ND-Wurzeln ableiten (siehe Spezialfall-Mutation), finden in Wortmitte vermutlich wie bei der weichen Mutation die Veränderungen b > m, d > n(n), g > ng statt. In der Spätzeit ist es aber wiederum möglich, sie wie ganz gewöhnliche b-, d-, g- zu behandeln. Wir kennen hier aber ohnehin nur ein einziges Beispiel:

  3. Beim Bindevokal gibt es auch die Möglichkeit, in der ersten Person Singular ein i statt e zu benutzen, welches aber i-Umlautung im Wort auslöst:

  4. In der Spätzeit (von Tolkien leider nicht genau spezifiziert) wird es zunehmend akzeptabel, die schwache Vergangenheit nach dem Muster von (E) statt den starken Formen (A), (B), (C) zu verwenden (ganz genau wie backte statt buk im Deutschen). Es ist aber unklar, ob hier auch ein Augment verwendet wird. Wir nehmen an, dass es nicht der Fall ist:

    [In den frühen Schriften war die Situation etwas klarer: Die Sprache hieß "Noldorin" und wurde entsprechend von den Noldor gesprochen. Vergangenheitsformen der Art dag-dainc waren Altnoldorin und wurden vor dem Exil nach Mittelerde verwendet. Vergangenheitsformen der Art dag-degaint sind reguläres Noldorin und haben sich in Mittelerde entwickelt. In dieser Konzeption existierten das zweite und dritte Zeitalter aber überhaupt noch nicht.
    Wie man an den Beispielen sieht, wurde die Nasalierung zu der Zeit auch noch mit i-Umlautung kombiniert, daher dainc, degaint statt danc, dagant. Vermutlich hatte Tolkien fälschlicherweise dieses Muster noch im Sinn, als er degant aufschrieb. Wir müssen den Vokal e nun aber als reine Unregelmäßigkeit interpretieren.]

  5. Es ist unklar, in welche Kategorie Stammverben, deren letzter Konsonant ein n ist, gehören. In der Kategorie (A) hätten wir womöglich eine Änderung von n zu nt, analog derjenigen von v (welches aus einem m stammt) zu mp:

    Ein Hinweis darauf, dass sie aber genauso gut in die Katergorie (B) gehören könnten, ist die urelbische Vergangenheit emēne- von menta- (schicken), die von Tolkien explizit Sindarin zugeschrieben wird. Es handelt sich um ein Verb aus (C), welches das Suffix in der Vergangenheit verliert. Wir hätten in Sindarin also:

    [Eine geradlinige Anwendung der Nasalierungsregel, bei der der Nasal n vor den Stammkonsonanten vorgelagert wird, würde bei diesen Verben zu Vergangenheiten wie egenn, govann führen. Wir glauben aber, dass solche Formen in Sindarin vermieden werden. Man vergleiche die Verben mit v aus m: Hier würde eine Nasalierung zu Formen wie dramm führen, die jedoch nie auftreten. In derselben Weise verhält sich dh: In spätem Noldorin kommt zwar gwend, gwenn von gwedhi vor, dagegen aber hant von hedhi und eglent von egledhio.
    Vermutlich werden in Sindarin die Lautkombinationen -nt, -mp, -nc am Wortende sehr stark mit der Vergangenheit assoziiert, sodass sie per Analogie einen großen Einfluss auf die anderen Verbklassen haben, unter anderem entsteht so die schwache Vergangenheit -nt der abgeleiteten Verben.]

    Quellen:
    Parma Eldalamberon 17, S. 93

Futur (Zukunft)

Die Futur-Formen der einfachen Verben werden gebildet, indem man die Futur-Silbe -tha mit Hilfe des Bindevokals i an den Stamm anhängt und das Gebilde dann wie ein abgeleitetes Verb behandelt:

Bei abgeleiteten Verben ist es noch einfacher, denn diese enden immer auf einen Vokal und man kann die Endung -tha einfach angängen:

Imperativ (Befehlsform)

Der Imperativ von einfachen Verben wird gebildet, indem an den Wortstamm ein -o angehängt wird:

Bei abgeleiteten Verben wird das letzte -a durch ein -o ersetzt:

Hierbei gibt es keinerlei Unterschied zwischen Singular und Plural, d.h. pedo kann sowohl "sprich!", als auch "sprecht!" heißen. Für den verneinten Imperativ siehe Verneinung.

Gerund

Das Gerund ist ein Substantiv, das von einem Verb abgeleitet wird. Es bezeichnet die Tätigkeit, die mit dem Verb beschrieben wird, also z.B. "das Singen" vom Verb "singen". Bei Stammverben wird es gebildet, indem man -ed an den Wortstamm anhängt:

Bei abgeleiteten Verben wird -d direkt an das a des Verbstamms gehängt:

In Sindarin steht das Gerund aber auch als Komplement nach Verben wie aníra (wollen, möchten) oder pol- (können, imstande sein), wo es die Bedeutung vervollständigt, und wo man im Deutschen einen Infinitiv hätte, z.B.:

Beschreibt ein Gerund die abstrakte Idee einer Tätigkeit, so hat es vermutlich, wie im Deutschen, keinen Plural: Wenn mehrere Vögel singen, bleibt es immer noch "das Singen der Vögel" (linnad i filig), genau wie "das Singen eines Vogels" (linnad filigod). Verbalsubstantive werden aber in vielen Sprachen von der Beschreibung der Tätigkeit als solche auf die Beschreibung eines Ereignisses erweitert. Deutsch macht hier einen strengen Unterschied, z.B. "das Springen" (Tätigkeit), aber "der Sprung" (Ereignis). Sindarin scheint jedoch die Gerundien auch auf Ereignisse zu übertragen, z.B. cabed en aras (der Sprung des Hirsches) oder suilannad o aran o Minas Tirith (Gruß vom König aus Minas Tirith). In diesem Sinne können sie wahrscheinlich regulär pluralisiert werden (cebaid, suilennaid). Tatsächlich haben wir aber bisher nirgendwo den Plural eines Gerunds attestiert.

Verneinung

Verben werden in Sindarin mit Hilfe der Vorsilbe ú- negiert, welche weiche Mutation auslöst:

Daneben gibt es auch eine altertümliche Ausdrucksweise, die in der Poesie benutzt wird, bei der ú- wie ein Stammverb mit der Vergangenheit ún- behandelt wird und mit blanken Verbstämmen benutzt wird:

Um "nicht haben" auszudrücken, wird aber nicht ú- zusammen mit sav- (haben) verwendet (das wäre schlechtes Sindarin), sondern das Verb pen- (nicht haben, fehlen). Das Objekt wird dabei leniert:

Verneinung im Imperativ wird mit dem Hilfsverb ava- (nicht tun) im Imperativ avo ausgedrückt. Das Verb wird leniert:

Das Verb ava- alleine lässt sich auch benutzen, um anzuzeigen, dass man etwas nicht tun will:

Siehe auch Negierte Partizipien.

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, SS. 145, 173

Partizipien

Partizipien sind von Verben abgeleitete Adjektive. Mit den Verben teilen sie sich die Eigenschaft, dass sie Zeitformen (Präsens, Perfekt) und Diathese (aktiv, passiv) aufzeigen. Mit den Adjektiven teilen sie sich die Eigenschaft, dass sie Substantiven als Attribute untergeordnet werden können.

Partizip Präsens Aktiv

Das Partizip Präsens Aktiv ist ein Adjektiv, das von einem Verb abgeleitet wird. Es beschreibt den Zustand, in dem man sich befindet, wenn man die Tätigkeit ausübt, die das Verb beschreibt, z.B. "singend" aus "singen". Bei Stammverben wird es gebildet, indem die Endung -el oder -ol an den Stamm gehängt wird. Bei Verben, deren Stammvokal i ist, ist die Endung im ersteren Fall -iel.

Bei abgeleiteten Verben wird das letzte -a zu -ol oder zu -el (letzteres ist vermutlich selten):

Das Partizip Präsens aktiv würde man oft sinngemäß mit einem Nebensatz übersetzen, z.B. A Elbereth Gilthoniel o menel palan-diriel! "Oh Elbereth Sternentfacherin, vom Himmel weit [herab-]sehend!" = "Oh Elbereth Sternentfacherin, die vom Himmel weit [herab-]sieht!".

Partizip Perfekt Aktiv

Das Partizip Perfekt aktiv beschreibt einen gegenwärtigen Zustand, der aus einer aktiven Tätigkeit in der Vergangenheit resultiert, also z.B. "gesungen habend" aus "singen".

Es wird bei Stammverben durch die Längung des Vokals und das Anfügen der Endung -iel gebildet. Dabei verändern sich die langen Vokale genau wie bei der Vergangnheit (B) der Stammverben, werden hier aber normalerweise nicht gekürzt:

Stammvok. Partizip
a ó
e í
i í
o ú
u ú

Beispiele:

Bei abgeleiteten Verben ändert sich vermutlich das letzte -a zu -iel und der Stammvokal wird ebenfalls gelängt. Bei Verben aus der Gruppe (D) wird die Endung vermutlich wie in der Vergangenheitsform fallengelassen:

Das Partizip Perfekt aktiv ist im Deutschen zwar verständlich, aber nicht unbedingt üblich, man würde eher sinngemäß mit einem Nebensatz übersetzen, z.B. Na-chaered tíriel linnathon "In die Weite geblickt habend, werde ich singen" = "Nachdem ich in die Weite geblickt habe, werde ich singen". Man beachte hier den feinen Unterschied zum Partizip Präsens aktiv, welcher bei tir- nur in der Länge des Vokals i besteht.

Partizip Perfekt Passiv (PPP)

Das Partizip Perfekt Passiv beschreibt einen gegenwärtigen Zustand, bei dem etwas durch eine Tätigkeit in der Vergangenheit beeinflusst wurde, z.B. "gesungen" aus "singen". Der Logik nach kann es eigentlich nur von transitiven Verben gebildet werden, da sich intransitive Verben nicht auf ein zweites Objekt beziehen. Wahrscheinlich lässt sich dieselbe Form in Sindarin aber auch von intransitiven Verben bilden und ist dann aktiv in der Bedeutung. Das entspricht der Situation im Deutschen, z.B. ist ein "gesungenes Lied", ein Lied, welches von einer unspezifizierten Person gesungen wurde (passiv, Sindarin laer linnen), ein "vergangenes Zeitalter" dagegen ein Zeitalter, welches vergangen ist (aktiv, Sindarin anrand 'wann).

Einen wichtigen Unterschied sollte man aber noch bemerken: Im Deutschen wird das PPP mit dem Hilfsverb "sein" zur Bildung des Perfekts benutzt ("Das Zeitalter ist vergangen"). In Sindarin ist dies nicht möglich, die Sprache kennt keinen Perfekt, sondern nur eine allgemeine Vergangenheitsform (Gwannas i anrand).

Das PPP wird bei Stammverben aus der Klasse (A) durch as Anfügen von -en gebildet. Der letzte Konsonant wird dabei meistens wie in der Vergangenheit nasaliert, was in Wortmitte zu -mm-, -nn- und -ng- führt:

Bei Stammverben aus der Klasse (B) verläuft die Bildung ganz genauso, nur dass die Nasalierung des letzten Konsonanten bei r zu rn, bei l aber zu ll führt:

Bei Stammverben mit letztem Konsonanten n wird dieser zu -nn-:

Abgeleitete Verben aus der Klasse (C) bilden das PPP durch Anfügen von -nnen. Falls das Verb aber auf -nna endet, z.B. danna- (fallen), so wird statt dannannen die wohlklingendere Verkürzung dannen benutzt.

Abgeleitete Verben aus der Klasse (D) verlieren wie bei der Vergangenheitsbildung ihre Endung bevor -en angehängt wird:

[Bei doltha- ist die Sache eigentlich komplizierter: Das Wort ist eigentlich Noldorin, der Wortstamm lautet DUL-. Die Vergangenheitsform und das PPP werden durch das äußerst seltene a-Infix gebildet, d.h. dass sich ein a einlagert und einen Diphthong mit dem Stammvokal bildet: Verg. daul, PPP daulēnā > dolen.]

Wortwurzeln konnten im Urelbischen substantivische, aber auch verbale Bedeutung haben. Zu den letzteren gehören z.B. WAN- (vergehen, verschwinden) und SKAL- (abschirmen, vom Licht verdecken). Adjektive, die von solchen verbalen Wurzeln abgeleitet sind, sind faktisch passive Partizipien, aber ihr Verhältnis zu den eigentlichen Verben ist in der Regel höchst irregulär. Hier muss man einen Blick ins Lexikon werfen:

In der Spätzeit beeinflussen Partizipien wie sogannen, govannen die Stammverben so weit, dass diese auch das Partizip Perfekt passiv durch das Anfügen von -annen bilden. Dasselbe gilt vermutlich auch für abgeleitete Verben aus der Klasse (D).

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 68

Negierte Partizipien

Partizipien können natürlich genau wie Adjektive negiert werden, also mit der Vorsilbe ú-, die weiche Mutation auslöst (siehe Verneinung), z.B. ú-garol (nicht tuend). Daneben gibt es aber auch zwei spezielle Gruppen negierter Partizipien.

Bei Stammverben kann der blanke Verbstamm mit der Negierungsvorsilbe ú- verwendet werden:

Von der Diathese her sind diese negativen Partizipien immer aktiv. Was die Zeitform angeht, sind sie allerdings zeitlos, so bezeichnet úgar jemanden, der ganz generell untätig ist, úgarol dagegen jemanden, der im gegebenen Moment nichts tut. Durch die letzte Eigenschaft sind diese Formen also eher Adjektive, andererseits sind sie immer noch von Verben abgeleitet. Tolkien nennt sie daher "Quasipartizipien" (quasi-participles).

Die entsprechenden passiven Formen lassen sich durch das Anhängen der Adjektivendung -ui bilden und haben gewöhnlicherweise eine stärkere Bedeutung "un...bar" (z.B. "unzählbar" statt "ungezählt"):

Bei abgeleiteten Verben wird die Negierungsvorsilbe ú- (u-) oder ar- mit der Adjektivendung -d kombiniert:

Verwendung von Partizipien

Partizipien können auf die folgenden Arten verwendet werden:

  1. attributiv:

    Die hautpsächliche Verwendung ist natürlich als Attribut eines Substantivs. In diesem Fall werden sie genau wie Adjektive nachgestellt und können leniert werden:

  2. die Umstände beschreibend:

    In dieser Verwendung wird eine Phrase oder ein Nebensatz angefügt, um die Umstände der Handlung im Hauptsatz genauer zu bescheiben. Das lässt sich noch weiter unterteilen in:

  3. nominalisiert:

    In Sprachen, in denen Adjektive leicht substantiviert werden können ("der Rote" von "rot"), ist es nur allzu natürlich, dass Partizipien, die ja von Verben abgeleitete Adjektive sind, diese Eigenschaft erben. Substantivierte Partizipien im Deutschen sind z.B. "die Anwesenden", "die Angehörigen"; und auch das Wort "Freund" war irgendwann einmal ein Partizip.

    In Sindarin lässt sich das Partizip Passiv in dieser Weise verwenden: i ndengin (die Erschlagenen), aber an Stellen, wo aktive Partizipien benutzt werden könnten, werden stattdessen immer Personenendungen vorgezogen, die den Handelnden (Agens) bezeichnen: faron (Jäger), pedir (Sprecher), lathron (Hörer) und so weiter. Es ist nie "der Jagende/Sprechende/Hörende". Das einzige Beispiel eines aktiven nominalisierten Partizips stellt Gilthoniel (die die Sterne entzündet habende) dar. Insgesamt wird also empfohlen, Personenendungen den nominalisierten aktiven Partizipien vorzuziehen.

    [Ebenso sieht die Sache in Quenya aus, wo es nur ein einzelnes Beispiel eälar (Lebewesen, die "Seienden/Existierenden") gibt, aber ansonsten Personenendungen verwendet werden. Zudem scheint Gilthoniel auch einfach eine Uminterpretation der femininen Endung -iel als Partizip-Endung zu sein.]

Unpersönliche Verben

Unpersönliche Verben sind solche, die kein Subjekt haben, weil niemand die Handlung wirklich ausführt. Ein typisches Beispiel sind Wetterphänomene, wie "es regnet" oder "es schneit". Das formale Subjekt "es", welches im Deutschen hinzugefügt werden muss, bezieht sich auf nichts Spezifisches, es ist ein reiner Platzhalter. Dasselbe gilt für Empfindungen, die nicht bewusst ausgelöst, sondern erfahren werden, wie z.B. "mich fröstelt". Hier fehlt im Deutschen das Platzhalterpronomen völlig.

Verwandt hiermit ist die Dativkonstruktion. Diese hat zwar ein Subjekt, aber die Handlung wird wiederum nicht bewusst ausgelöst, bzw. handelt es sich eher um einen Zustand, als um eine Handlung. Typische Beispiele sind "[etwas] gefällt mir" bzw. "mir gefällt, dass ...", " [etwas] scheint mir", " [etwas] ist mir unklar", "[etwas] fehlt mir".

Sindarin-Verben, die von Tolkien als "unpersönlich" gekennzeichnet wurden, sind:

Höchstwahrscheinlich gehören hierzu auch:

Wir haben keine Beispiele in Sätzen, können aber folgendes vermuten: Olthas enni würde einfach nur "Ich träumte", "Ich sah einen Traum" bedeuten. Einen konkreten Inhalt könnte man mit der Präposition o (über, betreffend) oder einem Nebensatz widergeben, z.B. Olthas enni o rheniad "Ich träumte vom Fliegen". Aus Quenya und aus früheren Konzeptionen der Sprachen können wir schließen, dass Aussagen wie "mir ist kalt" vermutlich durch ring enni, ebenfalls ohne ein eingefügtes Pronomen, ausgedrückt werden. "Es ist kalt" wäre dann einfach nur Ring. Es ist unklar, ob und wie Sindarin die Dativkonstruktion verwendet.

Quellen:
Impersonal constructions in Elvish von Thorsten Renk

Passiv, Konjunktiv, Optativ

Der Passiv macht das Subjekt eines Satzes zum Objekt. Das ursprüngliche Subjekt kann durch eine Präposition markiert angefügt oder ganz ausgelassen werden. Der Passiv kann in Sindarin durch ein Verb in der 3. Person Plural ausgedrückt werden (welches in der Verwendung dann faktisch unpersönlich ist). Das entspricht in etwa der Benutzung des Pronomens "man" im Deutschen:

Der Konjunktiv beschreibt einen Wunsch oder eine Möglichkeit, d.h. eine hypothetische Situation, die nicht eingetreten ist. Er kann durch das Anfügen der Partikel aen, die Unsicherheit ausdrückt, gewonnen werden:

[Eine andere Interpretation von aen, die insbesondere bei den Dialogen der Filmtrilogie Verwendung findet, ist als ein Pronomen der 3. Person Plural, im oberen Satz also das Subjekt von estathar. Diese Interpretation scheint aber zweifelhaft zu sein, weil man keine Beziehung zu Pronomen in Sindarin oder Quenya aus irgendeiner Konzeptionsphase herstellen kann. Stattdessen kann man aber eine Beziehung zu Quenya ai- in aiquen 'if anybody, whoever' herstellen, was offenbar auch Unsicherheit ausdrückt.]

Der Optativ drückt ganz speziell einen Wunsch aus und kann gebildet werden, indem das Verb im Imperativ dem Subjekt vorgelagert wird:

Die Verwirrung Gandalfs am Moria-Tor hat ihren Ursprung darin, dass er einen Imperativ pedo mellon (sprich "Freund") als einen Optativ (möge ein Freund sprechen) interpretiert hat. Eine klare Formulierung wäre pedo beth mellon (sprich das Wort "Freund") gewesen, denn um auszudrücken "möge ein Freund ein Wort sagen", würde man die Wortstellung pedo mellon beth verwenden. Mit anderen Worten, das Subjekt ist in so einem Fall dem Objekt vorangestellt.

Eine andere Ausweichmöglichkeit bei einer Kombination von Passiv und Konjunktiv scheint das Anfügen des Pronomens der 3. Person Singular den zu sein:

Dabei wäre caro i innas lîn wohl entweder "dein Wille möge [etwas] tun" oder "tue/tut deinen Willen!".

Falls man wünscht, dass eine bestimmte Eigenschaft, ausgedrückt durch ein Adjektv, eintreten sollte, so stellt man no (sei) davor. Vermutlich wird das Adjektiv dabei leniert:

Quellen:
Vinyar Tengwar 44, S. 26

Pronomen (Fürwörter)

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Pronomen in der Funktion als Subjekt

In Sindarin werden Pronomen als Subjekt nur selten verwendet, da das Verb bereits die Information über die Person enthält: linnon (= ich singe). Ausnahmen sind:

  1. Zur besonderen Betonung kann das Subjekt-Pronomen benutzt werden; das Verb steht dann aber in der Form der 3. Person: Im Narvi hain echant ("Ich, Narvi, machte sie"; und nicht etwa jemand anderes).
  2. So weit wir es wissen, taucht das Verb "sein" in Sindarin nicht auf, daher ist im Zusammenhang mit Adjektiven die folgende Konstruktion zu empfehlen: Im iaur (Ich bin alt; wörtlich: "ich alt").

Der Satz einfacher Pronomen ist in der folgenden Tabelle dargestellt. Man bemerke, dass manche Pronomen fest leniert selbst im Nominativ auftauchen. Erwähnt werden muss ebenfalls, dass wir bisher keine zusammenhängende Pronomentabelle für Sindarin kennen, sondern nur Bruchstücke hier und da aus verschiedenen Konzeptionsphasen. Es ist somit nicht ganz einfach, daraus ein konsistentes Bild abzuleiten.

Subjekt Singular Plural
1. Person ni (ich) me, ve (wir, exkl.)
inc, gwe, we (wir, inkl.)
2. Person ci, gi (du)
le (Sie)
ci, gi (ihr, euch)
de, dhe (Sie, ihr)
3. Person e (er, sie)
te, de (es)
han (es)
ti, di (sie)
hain (sie)

Hierbei war han ursprünglich ein Demonstrativpronomen (dieser/-s/-e), kann aber als einfaches Pronomen verwendet werden.

Daneben gibt es eine Reihe besonders betonter, sogenannter emphatischer Formen:

1. Person im (ich)
2. Person ech (du, Sie, ihr, Sie (Plural))
3. Person est (er, sie, es, sie (Plural))

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, S. 26
Vinyar Tengwar 49, S. 51 [agreement of Sindarin and Quenya in distinguishing l- sg. and d- pl.]

Pronomen in der Funktion als Objekt

In der folgenden Tabelle stehen die direkten Objektpronomen bereits in mutierter Form, es ist keine weitere Objekt-Mutierung durchzuführen!

Objekt Singular Plural
1. Person nin (mich) ven (uns (exkl.))
wen, inc (uns (inkl.))
2. Person gin (dich)
le
(Sie)
gin (euch)
dhe
(Sie)
3. Person den (ihn, sie, es)
han (es)
di, din (sie, ihnen)
hain (sie (neutr.))

Dabei sehen wir le auch im Dativ (als indirektes Pronomen) verwendet:

Es ist unklar, ob die anderen Objektpronomen ebenfalls so verwendet werden können. Der Unterschied zwischen direkten und indirekten Pronomen könnte dann vielleicht durch die Wortstellung übertragen werden: le annon (dir gebe ich), aber tiro nin (schaue auf mich). In jedem Fall gibt es noch einen Satz separater indirekter Pronomen:

Objekt Singular Plural
1. Person annin, enni (mir) ammen (uns (exkl.))
angwen, aninc, eninc (uns (inkl.))
2. Person echi(n), achi(n) (dir)
alle
(n)
(dich, dir)
achi(n), echi(n) (euch)
ande
(n) (Ihnen)
3. Person athe(n) (ihm, ihr) ethi(n) (sie, ihnen)

Ebenso gibt es hier betonte Formen:

1. Person anim (für mich)
2. Person anech (für dich, für Sie, für euch, für Sie (Plural))
3. Person anest (für ihn, für sie, für es, für sie (Plural))

Possessivpronomen

Possessivpronomen drücken Besitz aus. In der folgenden Tabelle stehen sie bereits in der lenierten Form, es ist keine weitere Mutierung durchzuführen!

  Singular Plural
1. Person nîn (mein) vîn (unser (exkl.))
wîn (unser (inkl.))
2. Person gîn (dein)
lîn (Ihr)
gîn (euer)
dhîn (Ihr)
3. Person dîn (sein, ihr) dîn (ihr)

Man beachte auch, dass sie normalerweise mit dem bestimmten Artikel i verwendet werden, falls es sich um unbelebte Objekte handelt. Falls es sich um Personen handelt, wird kein Artikel verwendet (siehe auch Artikel):

Falls nach einem Possessivpronomen ein weiteres attributives Adjektiv folgt, so wird ohne Kürzung des n nasal mutiert:

Es gibt aber auch die Möglichkeit, Besitz durch Suffixe anzuzeigen, vermutlich ist es aber selten und nur auf eine handvoll fester Formen beschränkt. Wir kennen die folgenden:

Etwas unklar ist, ob der Endvokal im Urelbischen eine Rolle spielt. Sowohl lam als auch gûr endeten ursprünglich auf ein , sie stammen von labmē bzw. ʒorē ab. Dagegen stammt z.B. peth (Wort) von kwettā ab. Der Possessiv könnte pethan (mein Wort) lauten oder aber pethen per Analogie. Die vollständige Tabelle mit -e- als Bindevokal sieht wie folgt aus:

  Singular Plural
1. Person -en (mein) -em, -emir (unser (exkl.))
-enc, -engir (unser (inkl.))
2. Person -eg (dein)
-el
(Ihr)
-egir (euer)
-el, -elir (Ihr)
3. Person -ed (sein, ihr) -ent (ihr)

In der Spätzeit wurden die folgenden Endungen verwendet:

  Singular Plural
1. Person -nin (mein) -main, -men (unser (exkl.))
-wen (unser (inkl.))
2. Person -gen (dein)
-lein
(Ihr)
-gen (euer)
-lein
(Ihr)
3. Person -dyn (sein, ihr) -deith, deid (ihr)

Hier ist es wiederum nicht ganz klar, ob es lamnin, lamgen, lamdyn etc. heißen sollte, oder ob das erweiterte Formen der Tabelle weiter oben sind, womit man also lammenin, lammegen, lammedyn bilden würde.

Quellen:
Parma Eldalamberon 17, SS. 42, 46

Reflexivpronomen

Reflexivpronomen beziehen sich auf das Subjekt des Satzes. Damit ist es möglich "Er sah sich im Spiegel" von "Er sah ihn [eine andere Person] im Spiegel" zu unterscheiden. Dagegen wäre "Er sah sein Spiegelbild" zweideutig, hier müsste man "Er sah sein eigenes Spiegelbild" sagen, um die reflexive Benutzung hervorzuheben. Sindarin benutzt an dieser Stelle ein anderes (reflexives) Possessivpronomen.

Diese Pronomen sind in der folgenden Tabelle gesondert aufgelistet (identisch in Singular und Plural):

3. Akkusativ in (sich selbst)
3. Dativ anin, enin (für sich selbst)
3. Possessiv în (sein eigener/-e/-s)

Beispiel:

In der 1. und 2. Person werden die Reflexivpronomen dagegen nicht benutzt:

[Später hat Tolkien dagegen im als ein generelles Reflexivpronomen uminterpretiert, dadurch wird es offenbar in allen Personen verwendet, neben Ú-chebin Estel anim wäre dann Im Narvi hain echant mit "Narvi selbst baute sie" zu übersetzen, und in der 1. Person müsste man genauso Ú-chêb Estel anim sagen. Siehe Vinyar Tengwar 47, S. 37.]

Demonstrativpronomen

Die Demonstrativpronomen sind wieder in lenierter Form angegeben:

Sie werden in der Regel wie Adjektive bzw. Possessivpronomen nachgestellt, und es wird der bestimmte Artikel bei unbelebten Objekten verwendet. Vermutlich werden nachfolgende attributive Adjektive wie bei Possessivpronomen nasal mutiert:

Interrogativpronomen

In Sindarin ist leider nur ein einziges Fragewort wirklich sicher bekannt, nämlich man? (wer?, was?). Daneben kann man aber noch einige abgeleitete Fragewörter verwenden:

Weitere Pronomen

Als generelle Platzhalter können pen (jemand) und uvan (niemand) dienen. Letzteres ist vermutlich einfach das negierte man (wer?, was?).

Syntax (Satzbau)

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Wortstellung

Die Wortstellung bei transitiven Verben in Sindarin ist gewöhnlicherweise SPO (Subjekt-Prädikat-Objekt):

Ist das Objekt jedoch ein Pronomen, so ist die Wortstellung SOP:

Bei intransitiven Verben und prädikativen Adjektiven ist die Wortstellung PS:

Relativsätze

Relativsätze werden in Sindarin mit dem Artikel i eingeleitet, der hier als Relativpronomen fungiert. Falls das Verb direkt danach folgt, sind einige Beispiele mit und ohne Mutation bekannt. Wir nehmen deshalb an, dass i sowohl im Singular als auch im Plural mit oder ohne Lenition verwendet werden kann. Im Plural kann auch alternativ in mit Nasalmutation verwendet werden:

Bei einer Kombination mit dem Dativ wird die zusammengezogene Form ai "dem, der...; für den, der.../ denen, die...; für die, die..." benutzt:

Quellen:
The Letters of J.R.R. Tolkien, Brief #332

Wortbildung

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Hier werden einige Verknüpfungen zwischen verschiedenen Wortarten aufgeführt. Dieser Abschnitt soll eher die Verbindungen innerhalb der Sprache herausstellen und weniger eine Anleitung zur Wortbildung sein.

Substantive und Verben

Bei abgeleiteten Verben entstehen die mit der Tätigkeit assoziierte Substantive oft durch Streichung der Verbendung:

Bei einigen Stammverben kann die Substantivierung durch ein angehängtes -th bewerkstelligt zu werden.

Eine allgemeinere Form (oft vergleichbar mit englischem -ing) ist -as:

Verben und Adjektive

Neben Partizipien lässt sich die Endung -weg dazu verwenden, ein Adjektiv aus einem Verb abzuleiten, in etwa mit der Bedeutung "dabei sein, etwas aktiv zu tun":

Substantive und Adjektive

Substantive können aus Adjektiven durch die Endung -as abgeleitet werden:

Andererseits können Adjektive aus Substantiven durch die charakteristischen Endungen -(r)en, -eb, -ui erhalten werden. Die Endung -eb hat dabei speziell die Bedeutung "reich an, voll von" und -(r)en wird unter anderem zum Anzeigen eines Materials verwendet:

Personenendungen

Personenendungen braucht man immer dann, wenn man eine Person bezeichnen will, die eine bestimmte Tätigkeit ausführt (z.B. "Zeichner"), einer bestimmten Eigenschaft entspricht (z.B. "Unsterblicher") oder mit einem bestimmten Objekt zu tun hat, z.B. beim entwickeln von Namen. Hierfür gibt es die folgenden Möglichkeiten:

Es werden die Endungen -(o)r, -ir (geschlechtsneutral), -(r)on (mask.), -(r)eth, -(r)il (fem.) verwendet:

Dieselben Endungen lassen sich auch an Substantive anhängen:

Zum selben Zweck kann jedoch auch einfach das Wort für Mann (dîr) bzw. Frau (dîs) angefügt werden (was zur Spezialfallmutation gehört und somit als -d- oder -n- auftauchen kann), oder aber generelles pen (Person, jemand):

Veränderung von Substantiven

Eine Konstruktion oder etwas, was aus einem bestimmten Material gebaut, bzw. aus einzelnen Bestandteilen zusammengesetzt ist, kann mit dem Suffix -as gebildet werden. Machmal bezeichnet das so gebildete Wort einfach eine größere Variante:

Diminutivendungen

Diminutive oder Koseformen werden in Sindarin meistens mithilfe der Endungen -ig, -eg gebildet (wobei -ig i-Umlautung auslöst). In Kindersprache werden damit z.B. spielerische Namen der fünf Finger gebildet, die als Familienangehörige angesehen werden:

Selten finden wir auch die Diminutivendungen -ed, -in, -(o)l:

Man vergleiche auch die vom Plural abgeleitete Singulare, die oft (aber nicht immer) durch dieselben Endungen gebildet werden.

 

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