Thorsten wrote:Irgendwas in Texte reinlesen was nicht drinsteht hat System bei dir...
Selbstverständlich, denn es geht mir ja nicht um eine Kontemplation der leeren Wörter, sondern um ein Verstehen des Sinns
hinter dem Text.
Woerterbuecher waeren vollig sinnlos wenn der Sinn eines Wortes von meiner Deutung abhaengig waere und nicht vorher irgendwie determiniert.
Bravo, du stösst auf das Grundproblem des
hermeneutischen Zirkels: Wie kann ich etwas Neues, Unbekanntes lernen, das über das Alte, Bekannte hinausgeht? Es ist ein Jammer, das empirische Wissenschaft betrieben wird, ohne die Grundlagen jeder Erkenntnismöglichkeit thematisiert zu haben, genauso wie es umgekehrt auch ein Jammer ist, dass hermeneutische Wissenschaft betrieben wird, ohne die Grundlagen der Statistik berührt zu haben. Glaubst du denn, die Bedeutung eines Wortes wäre vorfabriziert, beispielsweise durch die Lexikographinnen oder durch eine angeborene platonische Ideenwelt, sozusagen ein Wörterbuch, das wir als Firmware schon bei Geburt mitgeliefert bekämen? Wie willst du denn auf den von Tolkien beabsichtigten Sinn eines Wortes zugreifen, wenn nicht durch Deutung? Aber Pardon, Deutung heisst doch nicht Beliebigkeit oder Willkür. Vielleicht kann eine Richter-Metapher helfen: Beim Abwägen zwischen zwei möglichen Deutarten muss der Richter einen Spruch fällen, der nicht zum Voraus festgeschrieben steht, sondern er muss den bestmöglichen Überblick über die Indizien gewinnen, um auf einer möglichst breiten Grundlage die überzeugendste Deutart auszuwählen.
Und anstatt dir nun hier meine noch immer unbeantwortete Frage ein weiteres Mal zu wiederholen, kommt hier nun eine Auflistung deiner Argumente, damit du nicht einfach weiterhin so tun kannst, als hättest du sie schon längst beantwortet:
Belanglos, wenn es wie hier tatsächlich um storyinterne Überlegungen geht.
Dito, aber ferner: Belege?
Thorsten in [url=http://www.sindarin.de/tolkienforum/viewtopic.php?p=747#747]#747[/url] wrote:Was du als Ergebnis von Tolkien-Linguistik bezeichnest ist deine vage Vermutung (basierend auf sehr wenig Material) dass Tolkien tatsaechlich die Unterscheidung machen wollte dass Elben (immer? typischerweise?) im Beleriandmodus schreiben und Menschen (immer? typischerweise?) in einem Tehtar-Modus. Die ich nach meiner Kenntnis der Beweislage nicht teile
Hier bekennst du deine Meinung, vorerst ohne jegliche Belege, aber die lieferst du in folgenden Posts ja nach:
Auf meine alternative Deutung, dass es hier schwerlich um konkrete Orthographien geht, bist du nicht eingegangen.
Thorsten in [url=http://www.sindarin.de/tolkienforum/viewtopic.php?p=754#754]#754[/url] wrote:Ueberhaupt geht die These Tolkien wollte eine Unterscheidung zwischen elbischer und menschlicher Nutzung der Tengwar machen nicht gut mit Appendix E zusammen - da ist naemlich nichts davon erwaehnt.
Wohl aber wird dort eine Unterscheidung zwischen Elben und Menschen erwaehnt:
For lv, not lw, many speakers, especially Elves, used lb.
Man muesste also annehmen dass Tolkien dieses kleine Faktum deutlich wichtiger ist als wer welchen Tengwar-Modus verwendet. Und hier wird's dann absurd.
Eine Spekulation, was Tolkien eigentlich hätte schreiben müssen, die du umkrempelst zu einen Absurditätsvorwurf...
Thorsten in [url=http://www.sindarin.de/tolkienforum/viewtopic.php?p=777#777]#777[/url] wrote:Meine These ist dass es nicht gerechtfertigt ist aus dem Material zu schliessen dass Tehtar-Modi fuer Sindarin nicht elbisch sind. In anderen Worten: Du ziehst zu starke Konsequenzen aus dem Material und stellst Vermutungen als Ergebnisse von Tolkien-Linguistik dar.
Mein Argument ist dass sich aus Appendix E glaubhaft machen laesst dass das Gegenteil wahr ist.
Schönes Argument. Bitte, wie lässt es sich denn glaubhaft machen?
Ach ja, die Argumentation mit den nicht existierenden Belegen. Dagegen kann ich nichts.
Zum einen: Ich habe darauf geachtet, nach deiner strengen Vorgabe zunächst beim publizierten Text zu bleiben und derartige sekundäre Quellen höchstens im Nachhinein heranzuziehen zur Überprüfung der Interpretationen, die direkt auf dem Text beruhen. Ausserdem war wie gesagt der Text nie im Modus von Beleriand geschrieben und hat Tolkien die Vollschriftversion ja offenbar revidiert und geändert zum 'general use'.
Ich habe nie behauptet, Frodo wäre Gondorianer.
Fazit: Du hast keine alternative Deutung geliefert für die Stelle, wo Tolkien den 'general use' als die einem Gondorianer vertraute Schreibung bezeichnet. Insofern deine Argumente tatsächlich auf Tolkiens Text eingehen, habe ich dargelegt, dass sie mich keinesfalls überzeugen. Insofern deine Argumente in irgendwelchen Spekulationen bestehen, überzeugen sie mich sowieso nicht. Du wirfst mir eine selektive Auswahl von Textstellen vor, obwohl ich auf jede von dir genannte Textstelle eingegangen bin, während du selber dies eben gerade nicht getan hast, also müsste dieser Vorwurf wohl eher dich treffen als mich. Auch der Vorwurf, ich unterstellte Tolkien irgendwelche Fehler, ist unbegründet geblieben, denn in der Aussage Isildurs, die du vielleicht im Sinn hattest, sehe ich eben gerade keinen Fehler, sondern verstehe sie als eine im Kontext sinnvolle Bemerkung vor der Verzauberung durch den Ring.
Ich begreife ja, dass dich die storyinterne Schlüssigkeit gar nicht interessiert. Aber wenn du eine derartige Verachtung für Tolkiens Texte zeigst, dass du sie gar nicht verstehen willst, dann verstehe ich nicht, warum du dich überhaupt mit ihnen auseinandersetzt. Aber es verlangt ja auch niemand, dass ich dich verstehe, also wundere ich mich einfach über die Vielfalt der Meinungen und Absichten.
Du hast eine persönliche Vorliebe für Tehtarschreibungen. Das ist gut und recht. Wenn ich nun aber aufgrund meiner Deutung des Herrn der Ringe zum Schluss komme, der 'general use' wäre eher menschlich, die Schreibung von Beleriand hingegen elbisch, dann solltest du bitte dazu schweigen, solange du - hier wiederhole ich zum x-ten Mal meine Frage - mir nicht zeigen willst, wie du die betreffende Stelle anders deutest, auf die du noch immer nicht eingegangen bist. Deine Gegenargumente bist du mir nämlich schuldig geblieben.
Wir wissen also:
* Der 'general use' ist die Schreibung Gondors.
* Die beleriandische Schreibung ist die der Elben Eregions.
Diese Erkenntnisse aus dem Herrn der Ringe stehen im Einklang mit anderen relevanten Textstellen aus dem Buch, und ferner im Einklang mit anderen Quellen, und ferner im Einklang mit vergleichbaren natürlichen Sprachen. Ich halte es also für unbegründete Spekulation, anzunehmen, der 'general use' würde von den Elben gleichermassen verwendet wie die beleriandische Schreibung.