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Begrüßung und sehr sehr wichtige Frage :)

Posted: Sun Jan 01 2012 18:10
by nargothrondl
Hallöchen alle miteinander und ein frohes neues Jahr zu Anfang ! Ich bin ganz neu im Forum, habe hier also noch nie zuvor gepostet und kenne mich noch nicht ganz so gut aus !

Trotzdem liegt mir eine Frage von (für mich) großer Wichtigkeit auf dem Herzen, die mir einige von euch vielleicht beantworten können. Und zwar habe ich zu meinem 17. Geburtstag eine Art Tattoogutschein bekommen und möchte mir davon gerne einen elbischen Schriftzug auf den Rücken tätowieren lassen. Im Internet bin ich nun auf einen Spruch gestoßen der wie folgendermaßen heißt : 'All that is gold does not glitter not all those who wander are lost' (siehe Bild).

Nun meine Fragen dazu:
1) Kann mir jemand bestätigen, dass dieser Schriftzug auch wirklich das besagte bedeutet ?
2) Welches davon ist denn der Teil 'not all those who wander are lost' ? Das mit dem Gold würde ich nämlich gerne weglassen und nur den letzten Teil verwenden.
3) Weiß vielleicht auch jemand über die genaue Aussprache der Worte Bescheid ?

Ich wäre euch wirklich sehr verbunden, wenn ihr mir weiterhelfen könntet, da ich nicht weiß, an wen ich mich diesbezüglich sonst wenden sollte !
Ein schönes Restwochenende euch noch

und hier der link zum bild, anfügen lässt es sich leider nicht: http://media.tumblr.com/tumblr_lhyw90RaB71qc1tf5.png

Posted: Mon Jan 02 2012 10:36
by Ailinel
Hallo nargothrondl,

zu deinen Fragen:

1) Ja, der Schriftzug gibt das erwähnte Zitat wieder.
2) Die zweite Zeile in der verlinkten Abbildung ist der Teil 'not all those who wander are lost'.
3) Die Aussprache ist genau so, wie Englisch eben ausgesprochen wird!
Was ist dir denn daran unklar ?

Posted: Mon Jan 02 2012 11:15
by mach
Ich lese die betr. Zeile allerdings eher als: "not all thoce w-ho wander are loçt".

Das lässt sich aber mit wenigen Änderungen verbessern: Statt Silme nuquerna nimmst du gewöhnliches Silme (trotz Tehtar oberhalb); für WH schreibst du nicht Vala und Hyarmen, sondern Hwesta sindarinwa.

Posted: Mon Jan 02 2012 12:23
by Ailinel
mach wrote:Ich lese die betr. Zeile allerdings eher als: "not all thoce w-ho wander are loçt".
Ich stimme zwar zu bezüglich deiner Änderungsvorschläge, verstehe aber momentan nicht, wieso du Silme nuquerna hier eher als C liest.

Posted: Mon Jan 02 2012 12:46
by mach
Wenn ich mich richtig erinnere, hat Tolkien in orthografischen englischen Modi regelmässig Silme nur für S verwendet, Silme nuquerna hingegen nur für weiches C, d.h., für ein C, das wie ein S ausgesprochen wird (das harte, wie ein K ausgesprochene C hat er hingegen mit Quesse geschrieben).

Posted: Mon Jan 02 2012 13:08
by Ailinel
Ich finde aber im DTS-Verzeichnis, sofern ich nicht etwas Offensichtliches übersehen habe (was natürlich durchaus möglich wäre), genau diese Verwendung des Silme nuquerna "für weiches C, d.h., für ein C, das wie ein S ausgesprochen wird", nicht.

Posted: Mon Jan 02 2012 19:07
by mach
Ich habe grade nicht Zugriff auf meine gewöhnlichen Tengwar-Datein, aber laut Englische Sätze in Tengwar#19015 kommt eine derartige Verwendung von Silme nuquerna in allen drei Versionen der Königsbriefe vor. Das ist zwar ein Vollschrift-Modus, aber in den Tehtar-Modi kennen wir noch kein Beispiel für weiches C. Dafür zeigen bislang alle bekannten Tehtar-Modus-Beispiele von einem Tehta über einem S-Tengwa immer nur Silme, aber nie Silme nuquerna (vgl. DTS 4/5, 10 und 84), was gut mit dem Befund aus den Königsbriefen zusammenpasst.

Posted: Tue Jan 03 2012 9:49
by Ailinel
Ah, danke!
Es handelt sich offenbar in allen drei Versionen um das Wort 'especial'. Der Lautwert ist zwar hier gerade nicht /s/, aber es scheint mir durchaus plausibel zu vermuten, dass Tolkien möglicherweise auch das C in 'cell' mit diesem Zeichen wiedergegeben hätte.
Wegen der mehrfach attestierten Verwendung von Silme mit Tehar darüber stimme ich dir, was diesen englischen Schriftzug - speziell für ein Tattoo - betrifft, ohnehin zu.
Anscheinend kommt Silme nuquerna in sonstigen Transkriptionen englischer Texte von Tolkien gar nicht vor?
Und noch eine Frage: Ist das Zeichen für C in dem Wort 'especial' tatsächlich ein echtes Silme nuquerna? Es unterscheidet sich insofern von der Abbildung in der Tengwar-Tabelle in App. E, als es oben zu einem geschlossenen Kreis gerundet ist und etwa aussieht wie eine tief gestellte Ziffer 9 - auf jeden Fall nicht wie ein einfach umgekehrtes Silme, so wie es im Kontext, in den Versionen des King's Letter, überall geschrieben wird.

Posted: Tue Jan 03 2012 22:57
by mach
Ailinel wrote:Es handelt sich offenbar in allen drei Versionen um das Wort 'especial'. Der Lautwert ist zwar hier gerade nicht /s/, aber es scheint mir durchaus plausibel zu vermuten, dass Tolkien möglicherweise auch das C in 'cell' mit diesem Zeichen wiedergegeben hätte.
Beim Lautwert kommt es auf die Analyse an. Das Wort lässt sich entweder als /espeʃəl/ analysieren oder als /espesjəl/. Das ist ähnlich wie bei einem Wort wie punctual, das entweder als /pʌŋktʃuəl/ oder als /pʌŋktjuəl/ analysiert werden kann – beide verschiedenen Analysen sind in den beiden neuen Versionen von Bilbo's Contract aus aus Rateliff (2011): The history of The Hobbit zu finden.

Ein weiteres Beispiel von Silme nuquerna für weiches englisches C haben wir im Wort since in DTS 13.
Ailinel wrote:Anscheinend kommt Silme nuquerna in sonstigen Transkriptionen englischer Texte von Tolkien gar nicht vor?
Nur in phonologischen Modi (besonders in den verschiedenen Versionen von Bilbo's Contract), aber das ist selbstverständlich etwas anderes.

Die erste Version von Bilbo's Contract weist übrigens einen anderen phonologischen englischen Modus auf als die beiden anderen, die praktisch gleich geschrieben sind (DTS 71 und ein weniger zwergisch-schludrig geschriebener Entwurf). Der Modus ist interessant, weil er Silme nuquerna für O verwendet, ein bisher unbekannter Gebrauch:

Code: Select all

i: 
e: 
æ: 
u: 
o: 
ʌ: 
a: 
ə: 
w: 
j: 
Ailinel wrote:Und noch eine Frage: Ist das Zeichen für C in dem Wort 'especial' tatsächlich ein echtes Silme nuquerna? Es unterscheidet sich insofern von der Abbildung in der Tengwar-Tabelle in App. E, als es oben zu einem geschlossenen Kreis gerundet ist und etwa aussieht wie eine tief gestellte Ziffer 9 - auf jeden Fall nicht wie ein einfach umgekehrtes Silme, so wie es im Kontext, in den Versionen des King's Letter, überall geschrieben wird.
Ich halte die Geschlossenheit von Silme nuquerna für eine rein allographische Variation. Ein besonders klares Beispiel haben wir jetzt in «Table III: The Tengwar (Dwarven Mode)» aus Rateliff (2011, S. 907). Hier sind als S-Zeichen Silme und ein geschlossenes Silme nuquerna angegeben.

Besonders deutliche geschlossene Silme nuquerna haben wir ferner in den Entwürfen für die Inschrift des Moriators (DTS 29, 30, 31 und 32). Dass im beleriandischen Modus tatsächlich Silme nuquerna vorliegt, hat Tolkien in Anhang E ausdrücklich geschrieben.

Weitere geschlossene Silme nuquerna haben wir in den Sindarin-Teilen von DTS 45 und 48, in DTS 71, wo neben fünf (oder vier) geschlossenen Silme nuquerna auch ein (oder zwei) offene vorkommen, in DTS 72 (Quenya), in DTS 73 (auch Quenya, wobei in drei Versionen desselben Worts zwei mit offenem, eine mit geschlossenem Silme nuquerna geschrieben sind). Die zwei weiteren Versionen von Bilbo's Contract, die ebenfalls von Rateliff (2011) veröffentlicht worden sind, weisen ebenfalls jeweils geschlossene und offene Formen von Silme nuquerna auf.

Meine Interpretation ist, dass die Geschlossenheit von Silme nuquerna eine Frage des Stils ist: Die offene Form tritt tendenziell eher in sorgfältiger Buch-Handschrift auf. In weniger sorgfältigem Stil tritt eher die geschlossene Form auf, vgl. DTS 71.

Eine ganz ähnliche Frage habe ich schon einmal diskutiert, nur wo? *suchsuchsuch* OK, es war letzten Sommer in Michael Eversons Tengwestaron-Liste – aber diese Diskussion lässt sich im Internet offenbar nicht auffinden … Es war Arden, der vorschlug, das geschlossene, als Vokal verwendete Tengwa solle nicht als ein eigenes Tengwa kodiert werden, und nicht als Silme nuquerna (mit dem englischen weichen C hatte es also nicht wirklich zu tun). Seine Interpretation war, dass es sich dabei um eine Modifikation von Úre handle. Er hatte dabei aber Tolkiens Identifikation diese Tengwas mit Silme nuquerna (Anhang E) übersehen und auch, wie er selber feststellte, das offene Silme nuquerna in DTS 8. Måns wies darauf hin, dass Ardens Interpretation und Tolkiens Aussage aus Anhang E einander nicht zu widersprechen brauchen, sondern einfach verschiedene Konzeptionen darstellen könnten. Das Fazit war ungefähr, dass zwar eine Möglichkeit zur Unterscheidung der beiden Formen wünschenswert ist, dass aber (so verstehe wenigstens ich es) kein ausreichender Grund besteht, um die beiden Formen als zwei verschiedene Charaktere zu kodieren. Stattdessen sind es Glypenvarianten desselben Charakters Silme nuquerna.

Posted: Wed Jan 04 2012 11:31
by Ailinel
Vielen herzlichen Dank für deine ausführliche, hilfreiche, erhellende Antwort!

Besonderen Dank für deine Erläuterungen zu den neu veröffentlichten Materialien in Rateliff (2011), die ich ansonsten (bei lapidaren Seitenangaben) nicht ansatzweise verstanden hätte, weil ich derzeit nur die zweibändige Taschenbuchausgabe (2008) besitze. Ich bin immer noch im Zweifel, ob ich mir diese 2011-er Ausgabe kaufen oder lieber auf eine zukünftige revised?/expanded? edition warten sollte. Rateliff erwähnte in seinem Blog diverse "extensive errata that should have been incorporated into this new edition". (Mir persönlich ist vor allem eine vernichtende Kritik an seinen Ausführungen zu Astronomie/Zeitrechnung in Erinnerung, die ich momentan leider nicht wiederfinde.)

Posted: Wed Jan 04 2012 12:13
by mach
Gern geschehn – ich lerne dabei ja selber viel dazu! Das mit The History of the Hobbit dünkt mich übrigens schon ein bisschen halsabschneiderisch …

Posted: Wed Jan 04 2012 12:53
by Ailinel
:D Ja, zur Rateliffschen open-end Salami-Taktik könnte man wohl eine Menge unfreundlicher Kommentare abgeben! Dir nochmals vielen Dank!

Posted: Wed Jan 04 2012 22:52
by Roman
Übrigens wäre ein Hinweis auf die 2011-Ausgabe gerade das richtige für das "Elbische Neuigkeiten"-Thema..

Posted: Thu Jan 05 2012 9:39
by Ailinel
Bestimmt wäre es am besten, wenn mach, der das Buch gelesen hat, einen solchen Hinweis schriebe.

PS: Die negative Besprechung der ersten Ausgabe, die ich gestern nicht finden konnte, war übrigens diese: http://tolklang.quettar.org/messages/Vol46/46.95

Posted: Thu Jan 05 2012 22:15
by Roman
PS: Die negative Besprechung der ersten Ausgabe, die ich gestern nicht finden konnte, war übrigens diese: http://tolklang.quettar.org/messages/Vol46/46.95
Auch das eignet sich für das "Neuigkeiten"-Thema. ;-)