Weniger Dialekt an den Schulen

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mach
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Weniger Dialekt an den Schulen

Post by mach »

Kürzlich hat mich ein alter Bekannter, der Lehrer ist, gefragt, was ich den davon hielte, dass hier im Kanton die Lehrer neuerdings im Unterricht nur noch die Standardsprache verwenden sollten – Pisa sei dank –, also auch in "weichen" Fächern wie Turnen oder Singen. Davon hatte ich zwar schon gewusst, aber ich habe trotzdem gestutzt, denn was ich selber davon halte, hatte ich noch nie ausgesprochen. Letztlich halte ich diese neue Regelung für leeren Aktionismus, denn ich glaube nicht, dass die Schüler besser schreiben, wenn sie gelegentlich ein Sätzchen mehr in der Standardsprache sprechen. Eine Verbesserung der Schreibfähigkeit würde wohl gezielten Schreib- und Leseunterricht erfordern, also Mehrarbeit für die Lehrer, letztlich also mehr Geld kosten. Stattdessen tut man jetzt so, als könnte man gratis eine Verbesserung erlangen, indem weniger Dialekt gesprochen würde.
Pengolodh
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Post by Pengolodh »

Ich glaube zwar, daß in die Schule eher Standardsprache als Dialekt gehört, aber ich stimme Dir zu: auf die Rechtschreibfähigkeit wird das keine meßbare Auswirkung haben, dazu müßten die Schüler einfach wieder sehr viel mehr lesen.
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Maewen
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Post by Maewen »

Wer auch immer sich das ausgedacht hat, wie erklärt er/sie denn, dass bayerische Schüler zu den besten in Deutschland gehören? :D
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Thorsten
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Post by Thorsten »

Wer auch immer sich das ausgedacht hat, wie erklärt er/sie denn, dass bayerische Schüler zu den besten in Deutschland gehören?
Ich kann mich nicht erinnern dass waehrend meiner ganzen Schulzeit (Augsburg) irgendwann mal stark Dialekt an der Schule gesprochen wurde. Auch in einer Muenchner Schule duerfte der nicht leicht zu finden sein. So richtig das Gegenbeispiel sehe ich hier also nicht 8)
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Maewen
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Post by Maewen »

Okay, da kenne ich mich jetzt (mangels eigener Erfahrungen) nicht sonderlich aus... aber ich glaube mal gehört zu haben, dass jemand den Erfolg der bayerischen Schüler damit begründete, dass sie zweisprachig aufwüchsen :D und das schließt die Abwesenheit von Dialekt in der Schule ja nicht aus.

EDIT: Das bringt mich zu der Frage, wie überhaupt jemand darauf kommt, in Schulen werde Dialekt gesprochen... bei uns an der Schule wurde das nämlich auch nicht getan. Klar hat man gehört, woher einzelne Lehrer kamen, aber dass wirklich starker Dialekt gesprochen wurde, war eigentlich nie der Fall.
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Maewen wrote:dass sie zweisprachig aufwüchsen :D
*lachend vom Stuhl fall* Image

Sicher sprechen die Schüler in Bayern untereinander so, wie in der Region üblich - wie überall sonst im Bundesgebiet auch. Aber im Unterricht gibt es keinen Dialekt. Da kann ich mich Thorstens Erfahrungen nur anschließen.
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Thorsten
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Post by Thorsten »

aber ich glaube mal gehört zu haben, dass jemand den Erfolg der bayerischen Schüler damit begründete, dass sie zweisprachig aufwüchsen
Pflegen wir hier wieder Vorurteile gegen den Sueden? :D
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Maewen
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Post by Maewen »

Thorsten wrote: Pflegen wir hier wieder Vorurteile gegen den Sueden? :D
Hey, das kommt ja nicht von mir (außerdem bekomme ich laut Eirien immerhin auch schon einen fränkischen Akzent - *hüstel* zu viel schlechter Einfluss ;-) ).
Avorninnas wrote:Sicher sprechen die Schüler in Bayern untereinander so, wie in der Region üblich
Und da liegt IMO der Knackpunkt. Selbst wenn Lehrer an der Schule nur Hochdeutsch sprechen (was sie gemäß unserer Erfahrungen ja ohnehin schon tun), die Schüler untereinander oder auch mit ihren Eltern usw. tun das deshalb ja trotzdem nicht. Also was soll das ganze?
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mach
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Post by mach »

Hierzulande bedeutet ein Umstellen auf Standardsprache besonders in Kindergarten und Unterstufe einen grossen Unterschied, denn da war ausschliesslich oder doch in vielen Fächern der Dialekt üblich. Ein lustiges Detail schien mir übrigens, dass die Lehrerschaft der Schule, wo mein Bekannter unterrichtet, im Sport noch den Dialekt beizubehalten, solange die kantonalen Richtlinien nicht verbindlich sind, und zwar aus vorgeschobenen Sicherheitsbedenken, letztlich aber wohl deshalb, weil die alten Turnlehrer nicht umstellen mögen.

Das mit dem besseren Abschneiden von Bayern hatte ich auch mal gehört. Auch die Schweiz hat ja besser abgeschnitten als Deutschland, obwohl viele hier kaum jemals die Standardsprache in den Mund nehmen. EDIT: Also man kann wohl kaum sagen, der Dialekt verursache das bessere Abschneiden, aber offensichtlich hat er zumindest keinen negativen Einfluss.
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Maewen
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Post by Maewen »

mach wrote:Hierzulande bedeutet ein Umstellen auf Standardsprache besonders in Kindergarten und Unterstufe einen grossen Unterschied, denn da war ausschliesslich oder doch in vielen Fächern der Dialekt üblich.
Aha... das war mir nicht klar. Interessant wäre allerdings, tatsächlich mal zu untersuchen, welche Rechtschreibfehler bei Schülern in Schulen, wo Dialekt (im Unterricht) gesprochen wird wirklich auftauchen, ob sie sich tatsächlich auf den Dialekt zurückführen lassen und ob die Anzahl dieser Fehler signifikant höher ist als in Schulen, wo kein Dialekt gesprochen wird...
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Lothenon
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Post by Lothenon »

Hier in Hessen war das ganze nie Thema, da die wenigsten wirklich noch Dialekt sprechen. Oder vielleicht kommt es mir auch nur so vor, weil die mitteldeutschen Dialekte eben in mancherlei Hinsicht die Hauptquelle des "Hochdeutschen" gebildet haben (wobei natürlich die schweizerdeutschen Dialekte viel hochdeutscher sind; schön, dass es noch mehr Leute gibt, die die deutsche Standardsprache auch als solche benennen :) ). Insbesondere die jüngeren Generationen hört man ohnehin kaum mit wirlich ausgeprägtem Dialekt und in der Schule hab ich es auch in meiner frühsten Kindheit nie wirklich erlebt.

Ich persönlich finde es aber unendlich schade, dass die deutschen Dialekte generell auf einem eher absteigenden Ast sind, so schön und sinnvoll die Standard-Sprache auch sein mag (die im Übrigen das einzige ist, was ich gelernt habe und benutze. Böse Zungen behaupten ich spreche wie ich schreibe). Gerade um die schweizerdeutschen Dialekte ist es besonders schade, da sie in meinen Augen (bzw. Ohren) teils ebensoviel Recht hätten, als eigene Sprache gehandhabt zu werden wie das Niederdeutsche.

Und wenn die Kinder im Unterricht nicht mehr damit konfrontiert werden, geht natürlich ein guter Teil der kompletten Konfrontation mit dem Dialekt verloren, da ein normaler Schüler eben den halben Tag in der Schule verbringt. Da könnte ich mir schon vorstellen, dass auf Dauer dadurch allgemein weniger Dialekt gesprochen wird.
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mach
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Post by mach »

Lothenon wrote:Ich persönlich finde es aber unendlich schade, dass die deutschen Dialekte generell auf einem eher absteigenden Ast sind
Ob das in Deutschland oder Österreich generell gilt, darüber mag man streiten, aber bestimmt nicht in der Schweiz, denn der Dialekt ist ein derart wichtiger Bestandteil des schweizerdeutschen Selbstverständnisses – besonders in Abgrenzung gegen Deutschland –, dass ich mir nicht vorstellen kann, wie ein paar Schulstunden mehr oder weniger daran rütteln könnten.
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Maewen
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Post by Maewen »

Also wenn ich so zwischen meinen drei Heimatstädten hin und her pendle, kann ich eigentlich auch nicht behaupten, dass deutsche Dialekte ausstürben - und ich hab da schon ziemliches Kontrastprogramm :-)

(Wir hatten doch im Board mal so einen netten Thread, in dem man nur in seinem Dialekt gepostet hat - so einer wäre mal wieder nett, nicht zuletzt Loth zuliebe, um zur Rettung der deutschen Dialekte beizutragen :pro: )
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Lothenon
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Post by Lothenon »

Dann müsste ich aber im Dialekt meines Vaters posten (soweit mir dies möglich ist), der übrigens nicht klingt, wie "Badesalz" oder "Mundstuhl", auch wenn's tausendmal "Hessisch" ist :)
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Maewen
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Post by Maewen »

Hab mal einen Dialekt-Thread gestartet ;-)
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