Atlas der deutschen Alltagssprache
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Atlas der deutschen Alltagssprache
Ein interessantes Projekt der Atlas zur deutschen Alltagssprache von Stephan Elspaß an der Universität Augsburg. Ich bin nur ein wenig in Verlegenheit gekommen, wie ich nun die Dialektformen angeben sollte, die hier die Alltagssprache bilden: Sollte ich jeweilen die entsprechende hochdeutsche Form auswählen oder die Dialektform unter "anders" angeben? Naja, Kompromisse halt.
- Celefindel
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Naja, was heißt "stark abweicht", wenn es bei uns 'nen großen Hund und 'nen ganz lieben Menschen heißt statt ein großer Hund und ein ganz lieber Mensch (wie vorgegeben), dann ist das formal auch erstmal nur eine Abweichung von 1-2 Buchstaben, reflektiert aber tatsächlich, dass unsere stark deklinierten maskulinen Substantive keinen Nominativ (mehr) haben, das finde ich schon nicht unwichtig festzuhalten. Ich habe also alles so angegeben, wie's in Wirklichkeit ist und hauptsächlich gesprochen wird - sollen sich doch die Experten überlegen, wie sie das jetzt einordnen.die Dialektform ist nur dann anzugeben, wenn es von den angegebenen stark abweicht
Tja und hier heisst es eben nicht ein ganz ein lieber Mensch, sondern e ganz e liebe Mönsch. Interessant, dass auch du im Nominativ maskulin singular der starken Adjektivdeklination kein -r hast – wo kommst du her? Ich glaube, im DTV-Atlas der deutschen Sprache bin ich mal darauf gestossen, dass die Form ohne -r auf ein anderes historisches Paradigma zurückgehe. Sie sei besonders im Südwesten gebräuchlich, wenn ich mich nicht täusche. Hier unterscheiden wir sie jedoch von der schwachen Deklination: e liebe Mönsch – der lieb Mönsch.Eirien wrote:dass unsere stark deklinierten maskulinen Substantive keinen Nominativ (mehr) haben
In der schwachen Deklination heißt es hier auch ganz "normal": der große, der liebe usw.
Nicht aus dem Südwesten des deutschen Sprachraums, nur aus dem Südwestfälischen, das passt wohl nicht ins Bild?
Wenn wir "richtig" hochdeutsch sprechen (würden, können wir aber gar nicht!), ist uns schon auch klar, dass es ein lieber usw. heißen muss, aber der umgangssprachliche Ausdruck ist eben mitsamt Grammatik 1:1 aus dem Plattdeutschen übernommen, und da heißt es nun mal 'nen gräoten Ruien[/b], 'nen uornlecken Käel usw. Und dieses -en hängt sich zu allem Überfluss auch noch an etwa vorhandene adverbiale Adjektive: Dat es en ganzen gurren Hahnen. Was mag das aber sein, wenn kein Akkusativ?
Tja, kein -r, dafür ein -n. Könnte das denn noch irgendwas anderes als ein Akkusativ sein?mach wrote:im Nominativ maskulin singular der starken Adjektivdeklination kein -r
mach wrote:wo kommst du her?
Nicht aus dem Südwesten des deutschen Sprachraums, nur aus dem Südwestfälischen, das passt wohl nicht ins Bild?
Wenn wir "richtig" hochdeutsch sprechen (würden, können wir aber gar nicht!), ist uns schon auch klar, dass es ein lieber usw. heißen muss, aber der umgangssprachliche Ausdruck ist eben mitsamt Grammatik 1:1 aus dem Plattdeutschen übernommen, und da heißt es nun mal 'nen gräoten Ruien[/b], 'nen uornlecken Käel usw. Und dieses -en hängt sich zu allem Überfluss auch noch an etwa vorhandene adverbiale Adjektive: Dat es en ganzen gurren Hahnen. Was mag das aber sein, wenn kein Akkusativ?
Ah, interessant. Dasselbe beim Wort sehr? Dort sagen wir hier: Das isch e sehr e guete Hane – wobei phonologisch gesehen das zweite e ans sehr angehängt ist (dass es jedoch nicht eine Endung ist, lässt sich erkennen in der Gegenüberstellung des Artikels zur tatsächlichen Endungen, beispielsweise in es sehr es schwär-s Desser, e sehr e schwär-i Entscheidig – also nehme ich an, im Südwestfälischen verhält sich das wohl analog). Was es auch immer ist, ein Akkusativ ist es ganz bestimmt nicht, sondern ein prädikativer Nominativ (bzw. Gleichsetzungsnominativ). Dabei hatte ich immer gedacht, der Zusammenfall von Akkusativ und Nominativ sei ein südwestliches Phänomen (der Akkusativ isch e Kasus – i kenne der Akkusativ). Im Zusammenhang mit nördlichen Varietäten war mir nur der Zusammenfall von Akkusativ und Dativ bekannt (ick liebe dir).Eirien wrote:Und dieses -en hängt sich zu allem Überfluss auch noch an etwa vorhandene adverbiale Adjektive: Dat es en ganzen gurren Hahnen.
Theoretisch schon, nur heißt es nicht "sehr", sondern "wahne", aber wie verhält sich das?mach wrote: Dasselbe beim Wort sehr?
Mal sehen.... Ja, doch, in zB: dat is nen wahnen gräoten Bolzen¹, en wahnet gräotet Dingens² - ja, das ist wohl vergleichbar.
¹Kater
²Ortschaft
Ja, in diesen Beispielen wohl schon, aber was ist mit zB Im Biärge stäiht en wahnen gräoten Boum? Das sollte ja eindeutig Nominativ sein, aber da wird die Endung womöglich in Analogie angehängt?ein prädikativer Nominativ (bzw. Gleichsetzungsnominativ)
Edit:
Ja, da war ich mir jetzt nicht sicher, ob das für den gesamten niederdeutschen Sprachraum gilt, das kann aber durchaus sein: hier bei Radio Bremen habe ich ganz ähnliche Beispiele gefunden.im Südwestfälischen verhält sich das wohl analog
Interessant – also lässt sich beim Südwestfälischen im Unterschied zum Alemannischen nicht von einer Wiederholung des Artikels sprechen. Allenfalls liesse sich noch eine historische Analogie zwischen den Konstruktionen annehmen, wenn Endung und Artikel denselben Ursprung hätten.Eirien wrote:en wahnet gräotet Dingens