Sprache

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Tharkarun
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Sprache

Post by Tharkarun »

Hi Leute,

Ich habe mal mehr so'ne allgemeine Frage: Was braucht man eigentlich alles so an Grammatik, um eine Sprache überhaupt sprechen zu können? Auf jeden Fall:
Substantive und Kasusbildungen
Verben (min. Im Präsens, Furur, Präteritum/Perfekt)
Adjektive

Das ist so das , was mir grad einfällt. Wisst ihr noch was?
LG
Tharkarun
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mach
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Re: Sprache

Post by mach »

Tharkarun wrote:Ich habe mal mehr so'ne allgemeine Frage: Was braucht man eigentlich alles so an Grammatik, um eine Sprache überhaupt sprechen zu können? Auf jeden Fall:
Substantive und Kasusbildungen
Verben (min. Im Präsens, Furur, Präteritum/Perfekt)
Adjektive
Alle diese sind keineswegs notwendig. Im Englischen beispielsweise ist die Trennung von Verben, Substantiven und Adjektiven nur schwach ausgebildet. Man kann dann zwar schon analysieren, dass ein bestimmtes Wort in einem bestimmten Fall als Verb, in einem anderen als Substantiv verwendet wird. Das Wort bleibt aber genau das gleiche, so dass die Unterscheidung künstlich ist, etwa so, wie wenn man die deutschen Adjektive je nach Funktion mal als Adjektive bezeichnet (z.B. «der Regen ist heftig»), mal als Adverbien (z.B. «es regnet heftig»).

Das Deutsche hat nicht wirklich ein Futur, und andere Sprachen kommen völlig ohne grammatikalisierte Zeitverhältnisse aus. Andere Sprachen können Zeitverhältnisse in Substantiven oder Adjektiven ausdrücken. Es gibt Tendenzen, dass gewisse Verhältnisse in mehr Sprachen grammatisch ausgedrückt werden als andere. Ausnahmen findet man aber eigentlich immer.
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smuecke
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Re: Sprache

Post by smuecke »

mach wrote:Das Deutsche hat nicht wirklich ein Futur, und andere Sprachen kommen völlig ohne grammatikalisierte Zeitverhältnisse aus.
Wirklich?? Welche zum Beispiel?
Haben die dann nur Formulierungen wie heute, vor drei Tagen, danach etc. und eine einzige Verbform?

BTW @Tharkarun Schau Dir mal die Sprache Lojban an; die ist bewusst so konstruiert worden,
dass sie ein völlig anderes Grammatikkonzept hat als natürliche Sprachen, um damit den Einfluss von Sprache auf die Denkweise von Menschen zu untersuchen.
Tharkarun
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Post by Tharkarun »

Danke für die schnellen Antworten, darauf bin ich noch gar nicht gekommen.
Man sollte seine eigene Sprache wohl einfach nicht als Maß nehmen :)
Tharkarun
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Roman
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Post by Roman »

Was an Sprache universell ist und was nicht, ist immer noch ein aktuelles Forschungsthema. Diese Seite stellt einige solche 'universals' zusammen, die in der Diskussion sind.
Wirklich?? Welche zum Beispiel?
Zum Beispiel Chinesisch (Mandarin). Auf dieser Karte sind Sprachen ohne ein Futur mit weißen Kreisen markiert, auf dieser Karte Sprachen ohne Vergangenheitsformen.
Tharkarun
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Post by Tharkarun »

Ohne Futur kann ich ja noch verstehen, aber ohne irgendeine Vergangenheitsform? Wie funktioniert das denn?
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Roman
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Post by Roman »

Ich vermute mal, ganz analog zum futurlosen Fall: "Ich gehe morgen ins Kino", "Ich gehe jetzt gerade ins Kino", *"Ich gehe gestern ins Kino". Wörter wie "gestern" oder "vor einem Jahr" sollten in solchen Sprachen ja immer noch existieren und die Power des Kontexts ist nie zu unterschätzen. Die Abwesenheit eines Vergangenheitsmarkers bedeutet ja nicht, dass man nicht über Vergangenes sprechen oder es nicht vom Präsens trennen kann, sondern einfach, dass es nicht obligatorisch ist, die Zeitform für jede Verbform anzugeben.

Zeitform ist ja bei Verben ja längst nicht alles, es gibt mindestens noch den Aspekt, der beschreibt, wie die Aktion in der Zeit strukturiert ist (z.B. punktuell, ausgedehnt, iteriert..). Viele Sprachen sind viel sensibler dafür (wie gerade Chinesisch, wenn ich es richtig verstehe) und ihre Sprecher könnten sich auch wundern, wie wir ohne explizite Aspekt-Marker auskommen.
Tharkarun
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Post by Tharkarun »

Da hast du wohl Recht...

Obwohl "Ich gehe gestern ins Kino" doch wirklich komisch klingt :)
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Tharkarun wrote: Obwohl "Ich gehe gestern ins Kino" doch wirklich komisch klingt :)
Du hast Roman missverstanden, Tharkarun.
Im Deutschen existiert lediglich die Bildung eines "defekten" Futurs, aber keine solche Vergangenheitsform. Roman wollte nichts dergleichen andeuten. In anderen Sprachen (siehe die Karte oben) ist das aber eben anders. Und auch dort ist es (genau wie bei uns mit dem Futur) reine Gewöhnung und allgemeiner Sprachgebrauch.
Meist es ist ja auch einfach so, dass durchaus eine entsprechende temporale Form vorhanden wäre, sie wird nur nicht genutzt.
Bei uns sagt man im Alltag (um bei Romans Beispiel zu bleiben,) eben nicht "Ich werde morgen ins Kino gehen", sondern "Ich gehe morgen ins Kino". Und niemand findet das "komisch", weil es eben jeder tut. Vor hundertfünfzig Jahren wäre das aber noch anders gewesen. Sprache ist etwas Lebendiges und verändert sich im Lauf der Zeit.
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mach
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Post by mach »

Avorninnas wrote:Meist es ist ja auch einfach so, dass durchaus eine entsprechende temporale Form vorhanden wäre, sie wird nur nicht genutzt.
Bei uns sagt man im Alltag (um bei Romans Beispiel zu bleiben,) eben nicht "Ich werde morgen ins Kino gehen", sondern "Ich gehe morgen ins Kino". Und niemand findet das "komisch", weil es eben jeder tut. Vor hundertfünfzig Jahren wäre das aber noch anders gewesen.
Ich bezweifle das. Die Form mit dem Hilfsverb werden, wiewohl gemeinhin als Futur beschrieben (in der Tradition der lateinischen Grammatik-Beschreibung), dürfte wohl nie ein eigentliches Futur gewesen sein, sondern eher ein Modus. Dies ist daran zu erkennen, dass diese Form auch in Fällen verwendet wird, die nichts Zukünftiges ausdrücken (z.B. «du wirst wohl recht haben», «er wird schon gestern Abend abgereist sein»). Und selbstverständlich können wir im Deutschen Zukünftiges ausdrücken, ohne die Form mit werden zu verwenden, z.B. eben «ich komme morgen». Wenn das Deutsche ein echtes Futur hätte, so müsste «ich komme morgen» genauso komisch klingen wie «ich komme gestern». Ein echtes Futur ist nämlich eines, dass bei der Rede von Zukünftigem obligatorisch verwendet werden muss – genauso wie ein echtes Präteritum eben obligatorisch ist (z.B. «ich kam gestern»).

In der historischen Entwicklung dünkt es mich unwahrscheinlich, dass die Form mit «werden» einst ein echtes Futur gewesen wäre, aber im Laufe der Zeit irgendwie aufgegeben worden ist. Wahrscheinlicher ist es schon, dass die Form mit «werden» im Laufe der Zeit häufiger geworden ist, und zwar weil uns die Gymnasiallehrer in ihrer Lateinbesessenheit vorgegaukelt haben, das Deutsche müsste wie das Latein auch ein Futur haben.
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