Vergangenheitsbildung Specialcase-Verben PE17

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Avorninnas
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Vergangenheitsbildung Specialcase-Verben PE17

Post by Avorninnas »

Vielleicht könnt ihr mir bei einem geringfügigen Problem helfen.
Ich schlage mich im Augenblick mit den Wahrscheinlichkeiten der Formenbildung des Verbs dev- ´to try´ (Pe17:167 von NDEB-) herum. Mangels einer besseren echten Idee, hatte ich mich im RPG für *enemp ´he tried´entschieden.
Wirklich glücklich bin ich damit aber nicht. Und nachdem Ailinel mich in meinen Zweifeln bestärkt hat, habe ich beschlossen, die Frage einfach mal zur allgemeinen Diskussion zu stellen. Vielleicht könnt ihr mich ja von dem Schlauch runterschubsen, auf dem ich gerade zu stehen scheine. :wink:
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Roman
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Post by Roman »

Wo ist denn genau das Problem?
Ailinel
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Re: Vergangenheitsbildung Specialcase-Verben PE17

Post by Ailinel »

Meine Zweifel betrafen eher allgemein die Frage, ob/inwiefern generell von Nasalinfixion bei Verben auf -v- ausgegangen werden kann. Die Formen hamp, dramp in Etm./VT sind natürlich evident (neben analogen schwachen Formen). Andererseits wird die Vergangenheit von S. *sav-: aw < ahawv, mit Vokalstärkung gebildet (von der scheinbaren Unregelmäßigkeit, hervorgerufen durch initiales s-, abgesehen). Die Unterscheidung in Pedin Edhellen: -v von -*m (wird zu-mp - *achamp) versus -v von *-b (mit vowel strengthening - *alof) kann ich momentan nicht nachvollziehen. Welches Problem Avor hatte, weiß ich nicht.
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Im Grunde genommen dasselbe. Mir ging auch immer die Frage im Kopf herum, ob es bei SpC-Verben auf ND- nicht eventuell generell eine eigene Art der Vergangenheitsbildung geben könnte. Ganz ohne Nasalinfixion.
Siehe annanc/adhanc. Wir hatten ja schon in der ETYs zwei unterschiedliche Formen danc/degant (VT45:37). Irgendwie scheint der Professor bei den Special Cases nicht ganz mit sich im Reinen gewesen zu sein.
Aber vielleicht habe ich auch nur Gespenster gesehen... :wink:
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Roman
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Post by Roman »

Okay, also in den Etymologies haben wir ein -v < -m, welches zu -mp wird. Das scheint überhaupt schon eine analoge Änderung zu sein, denn ein Nasalinfix würde zu *-mm führen, ebenso bei ursprünglichem b zu *-mb > *-mm. Es muss eine Analogie zu Verben mit -p, -t, -k bestanden haben, bei denen -mp, -nt, -nc regulär war. Siehe hierfür das sehr informative Kleingedruckte in PE17:44.

In PE17 haben wir dagegen eine Tendenz zu Vokallängung: Zum einen ist da ahawv, zum anderen wird noch gesagt, dass Sindarin eine Mischform aus ursprünglichem Perfekt und Imperfekt emēnē- von menta- (PE17:93) benutzt statt der reinen Nasalinfix-Form mennē-.

Das einzige, was ich hier herauslesen kann, ist, dass Tolkien wohl Doppelnasal-Vergangenheiten wie *dramm, *menn vermeiden wollte. Ob es nun stattdessen Vokallängung oder analoges -mp sein soll, da war er sich wohl wieder einmal nicht sicher, und in solchen Fällen würde ich einfach beides zulassen. Wir sehen z.B. auch beides in Quenya yóre, †yonde < YOD- (PE17:43).
Siehe annanc/adhanc.
Tja, das eine ist historisch, das andere analog, mehr kann ich auch nicht sagen. Man kann nur mutmaßen, dass die analogen Formen irgendwann später einsetzen, aber wann genau - keine Ahnung.
Wir hatten ja schon in der ETYs zwei unterschiedliche Formen danc/degant (VT45:37)
Etym scheint mir eine kontinuierliche Weiterführung von frühem Noldorin zu sein. Und da ist es so, dass Formen wie maint von mad- als 'Old Noldorin' bezeichnet werden, vor Formen wie medaint aber normalerweise ein 'later' steht. Als die Noldor in Mittelerde ankommen, sprechen sie noch 'Old Noldorin', dann setzen sich die analogen Formen aber mit der Zeit durch, so weit sogar, dass Formen wie maint veraltet werden.
Nun läuft es in den späteren Phasen mit Sicherheit nicht genau gleich ab, aber 'we get the idea', wie es so schön heißt.
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Natürlich müssen bestimmte Entwicklungen bei einem einzelnen Verb sich nicht automatisch auf andere derselben Art übertragen lassen. Eine obsolete Vergangenheitsform bei einem Verb muss nicht heißen, dass alle anderen, die sich derselben "Klasse" zuordnen lassen, sich nach dem selben Schema verhalten. Kennen wir ja bei diversen Beispielen unserer eigenen Sprache. (Während sich bei backen - buk - backte, die analoge Form immer mehr im allgemeinen Sprachgebrauch durchzusetzen scheint, würde niemand auf die Idee kommen, "ich tragte" anstatt "ich trug" zu verwenden.) Manchmal werden durch die Unterschiede zwischen historischer und analoger Bildung ja sogar Bedeutungsunterschiede gekennzeichnet. (schaffen - schaffte / schuf)
Es ist durchaus denkbar, vielleicht sogar wahrscheinlich, dass solche Prozesse in Sindarin auch stattfanden, wenngleich die Entwicklung dort aufgrund des bewussten Veränderungsprozesses wohl manchmal anders verlief.

Ich habe jetzt nicht vor in der DoA rumzueditieren, aber ganz grundsätzlich interessiert mich die Frage schon, ob unser RPG zeitlich so einzuordnen wäre, dass analoge Formen als wahrscheinlicher gelten müssten. Vermutlich schon oder? Seit Fëanors Zeiten ist mehr als ein Zeitalter verstrichen. *enemp würde wohl zugunsten von *edhemp als obsolet gelten.
Einschätzungen dazu?
Ailinel
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Post by Ailinel »

Es ist außerdem zu beachten, dass die diversen Analogiebildungen, die hier erwähnt wurden, auf ganz unterschiedlichen Ebenen stattfinden: analoge schwache Konjugation neben (vermutlich älterer) starker, die analoge Endung -mp bei starken Formen, die analoge Mutation des ursprünglich nasalierten Anlauts.
Was davon im Jahre 3428 des zweiten Zeitalters üblich bzw. obsolet war, dürfte im Einzelnen schwer auszumachen sein. (Abgesehen von -mp, das gesichert erscheint, wenn man starke Konjugation dieser Art als wahrscheinlich annimmt.)
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Roman
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Post by Roman »

Seit Fëanors Zeiten ist mehr als ein Zeitalter verstrichen.
Tolkien wurde auch durch den HdR in ein unrealistisches Zeitschema gedrängt. Vorher haben die Noldor bei Eintreffen in Mittelerde, wie schon gesagt, Altnoldorin gesprochen. Es gab nur ein Zeitalter, also gerade genug Zeit, damit sich die Sprache zum eigentlichen Noldorin entwickelt.
Damit der HdR aber in die Legende passte, mussten noch zwei weitere Zeitalter ausgedacht werden. Die verstrichenen Jahrtausende würden da jede Sprache bis zur Unkenntlichkeit verändern, aber natürich wollte Tolkien keine modernisierten Formen für den HdR entwickeln.
Insofern glaube ich nicht, dass wir überhaupt irgendeine Aussage dazu treffen können, was wann gesprochen wurde.
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