Ein paar punkte zur Sindarin.de-Grammatik

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jteuber
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Ein paar punkte zur Sindarin.de-Grammatik

Post by jteuber »

Ich bin mir jetzt gar nicht sicher, ob das hier überhaupt noch wer liest, aber ich bin letztens die Sindarin.de-Grammatik durchgegangen und ein paar Punkte sind mir aufgefallen. (✶ = primitive Elvish, * = unattested)

Plural
Finales -o
Bei Wörtern, die ursprünglich auf den Vokal -o endeten, wurde der Plural ebenfalls mit -i gebildet, was jedoch zum Diphthong -ui führte. Ein Diphthong am Wortende konnte jedoch nicht verloren gehen, -ui wurde in diesem Fall stattdessen zu -y. Unter dem Strich sieht es so aus, als ob die Wörter den Plural durch ein angehängtes -y formen. Auf der anderen Seite gibt es hier auch einen analogischen Plural, der sich von den Singular-Formen ableitet, denen man nicht mehr ansieht, welchen Endvokal sie verloren haben.
  • ranc (Arm) ⇒ hist. rengy (von ranko, rankui), analog. renc
  • orch (Ork) ⇒ hist. yrchy (von orko, orkui), analog. yrch
  • mâl (Pollen) ⇒ hist. mely (von malo, malui), analog. mail
  • thol (Helm) ⇒ hist. thely (von tholo, tholui), analog. thuil
  • pân (Brett, Planke) ⇒ hist. peny (von pano, panui), analog. pain
Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Thôl, pl. thely ist meines Erachtens nach ein Beispiel für finales -s, das die typische Sindarin-Entwicklung finales o → y statt Noldorin o → ei in ôl → elei zeigt, vgl. Q. solos (PE17:188). Rhengy yrchy, mely sind alle Noldorin und zumindest bei orch mangelt es eigentlich nicht an Stellen mit attestiertem Plural; wenn yrchy auch im Sindarin existieren würde, hätte ich erwartet, dass es in zumindest in WJ:390 zusammen mit S. orch → yrch, Q. orko → orqui auftaucht. Zumindest für finales ✶-o gibt es auch genug Beispiele ohne -y im Plural:
  • Aphadon → Ephedyn (nicht **Ephedenny, ✶-ndo),
  • annon → ennyn (nicht **ennenny , ✶andondo),
  • golodh → gelydh (nicht **geledhy, ✶ŋgolodo),
  • ithron → ithryn (nicht **ithrenny, ✶-ndo)...
Nachdem alle Beispiele auch eine analogische Form zeigen, denke ich es ist sicherer diese zu verwenden.

ei, ai
Es gibt eine ganze Reihe von einsilbigen Wörtern, die im Singular Parallelformen mit den Diphthongen ei und ai aufzeigen. Im Plural werden diese Diphthonge zu langem î.
  • ceir, cair (Schiff) ⇒ cîr
  • gwein, gwain (neu, jung) ⇒ gwîn
  • feir, fair (Sterblicher) ⇒ fîr
  • sein, sain (neu) ⇒ sîn
  • leich, laich (süß) ⇒ lîch
  • eith, aith (Speerspitze) ⇒ îth
  • cei, cai (Zaun) ⇒
  • teith, taith (Zeichen, Buchstabe)⇒ tîth
  • lein, lain (frei, befreit) ⇒ lîn
Wörter, die jedoch nur mit dem Diphthong ai vorkommen, bleiben im Plural unverändert.
  • fain (weiß, weiß leuchtend) ⇒ fain
  • said (privat, abgegrenzt) ⇒ said
  • bain (schön) ⇒ bain
Soweit ich die Situation verstehe kommt jedes ai von ei, auch in Wörtern wie ✶phanjā > fania > fenia (i-affection) > fein (i-intrusion) > fain, das haben wir mittlerweile sogar in NoMe:237 als √pha/phay/phan > S. fein, fain mit ei attestiert; es scheint also eher zufällig was explizit mit ei und was nur mit ai attestiert ist. Ich würde also sagen, dass man die Regel nicht einfacher als “ai aus ✶E-jā, ✶I-jā wird im Plural zu î, bei ✶A-jā bleibt es unverändert” formulieren kann.

Sibilantmutation
Ein i- vor einem Vokal am Wortanfang stellt eigentlich in der Aussprache den Konsonanten j- dar. Wir vermuten, dass dieser Laut zu h- wird:
  • iâr (Blut) ⇒ a hâr (und Blut)

[Man vergleiche die Entwicklung slōkō > lhûg (Reptil, Wurm, Schlange - Drache) mit syalmā > half (Muschel). Bei der Mutation hat man letztlich dasselbe, nämlich ein vorgelagertes s: as-loth > a lhoth und as-yār > a hâr.]
Wir haben as·k- > a·ch- als Sibilantmutation von k belegt. Dieses ch schwächt sich normalerweise am Wortanfang zu h ab, aber das vorgelagerte a verhindert das. Per PE19:21 entwickelt sich sj- > ON ɧ > χ > N h also auch über ch. Wenn ch > h für as·k- nicht stattfindet, denke ich, man sollte das auch nicht für as·j- annehmen (natürlich kann das auch in zwei verschiedenen Wellen passiert sein, aber ich sehe jetzt erstmal keinen Grund das anzunehmen).

Adjektive
Superlativ
Um einen expliziten Superlativ auszudrücken, z.B. wenn man sagen will, dass ein Stern der hellste aller Sterne ist, würde man vermutlich eine Konstruktion mit dem Genitiv benutzen:
  • rogelair in elenath (hellster der Sterne) [wörtlich: "sehr hell unter den Sternen"]
  • einior in aranath (ältester der Könige) [wörtlich: "sehr alt unter den Königen"]
In PE17:25 schreibt Tolkien: “The genitive when strictly so ( esp. when implying identity, as "the city of Minas Tirith") and not implying any movement of or from or partitive relation is expressed by mere juxtaposition.” Ich würde daraus ableiten, dass ein partitiver Genitiv eben genau nicht nur durch Hintereinanderstellen, sondern mit einer Präposition ausgedrückt wird und deshalb rogelair enin elenath, einior enin aranath vorschlagen.

Verben
Personenendungen
1. Person, Plural: -m (wir; exklusiv), -nc (wir; inklusiv)
In PE22:167 haben wir die Formen atha- → athof, athab attestiert die aus < *✶-me, -kwe (← ki + we) abgeleitet zu sein scheinen und damit so aussehen, als würden sie der konzeptionellen Änderung -mme, lme >> -lme, -lve im Quenya zwischen 1964 (PE17:75, VT49:48) und 1968 (VT49:16) entsprechen.

Präsens
gala- (wachsen):
  • galon (ich wachse), galog (du wächst), galal (Sie wachsen)
Für -l haben wir mittlerweile auch belegt, dass es a → o auslöst: linna-atha- → linnathol (PE22:168)

Vergangenheit — (A) Stammverben, Nasalierung
  • gwedh- (binden) (⇒ e-gwent-) ⇒ ewent (band), ewennen (ich band)
  • lav- (lecken) (⇒ a-lamp-) ⇒ alamp (leckte), alammen (ich leckte)
Mit nið- → eniðen (PE22:165) haben wir mittlerweile attestiert, dass Stammverben mit -dh ihre Vergangenheit nicht durch Nasalinfix sondern durch Vokallängung bilden, das gleiche würde ich auch auf -v < ✶-b übertragen. Für -v < ✶-m ist mit sav- → aw (< ahawv < *✶a-sām-, PE17:173) das gleiche belegt, sodass nur -b, -d, -g < ✶-p, -t, -k eine Vergangenheit mit Nasalinfix bilden.

Vergangenheit — (B) Stammverben, Längung
  • car- (tun) (⇒ a-kar-) ⇒ agor (tat), agoren (ich tat)
  • dew- (verfehlen, fehlschlagen) (⇒ e-dew-) ⇒ edhiw (schlug fehl), edhiwen (ich verfehlte)
  • tir- (beobachten, blicken auf) (⇒ i-tir-) ⇒ idir (beobachtete), idiren (ich beobachtete)
Bei Verben mit dem Stammvokal o muss man allerdings aufpassen, weil dieser Vokal sowohl von einem urelbischen o, als auch von u abstammen kann. Dieser ursprüngliche Vokal kommt als Augment hinzu:
  • nor- (rennen) (⇒ o-nor-) ⇒ onur (rannte), onuren (ich rannte) (von NOR-)
  • tol- (kommen) (⇒ u-tul-) ⇒ udul (kam), udulen (ich kam) (von TUL-)
Nið- → eniðen (PE22:165) zeigt ein Augment mit e- statt i-, wahrscheinlich in Analogie zu e-Verben wie dew- → ediw. Wenn das bei i-Verben passiert, zumal bei einem so häufigen Verb wie nidh- als Futur-Hilfsverb, kann ich mir nicht vorstellen, dass das bei u-Verben wie √TUL > tol- → *odul nicht passieren soll.

Vergangenheit — Bemerkung 1
gad- (fangen) ⇒ aud (fing), auden (ich fing) [aus agat-]
Nicht gad- → a-gat-ne > ant mit Nasalinfix statt Vokallängung? Mir würde jetzt spontan kein Argument einfallen, warum gad- irregulär sein soll.

Vergangenheit — Bemerkung 1
Es ist unklar, in welche Kategorie Stammverben, deren letzter Konsonant ein n ist, gehören. In der Kategorie (A) hätten wir womöglich eine Änderung von n zu nt, analog derjenigen von v (welches aus einem m stammt) zu mp.
Vgl. √SAM > sav- → aw und ✶menta- > emēnē-, ich glaube für eine Vergangenheit mit Nasalinfix spricht nicht mehr viel.
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Re: Ein paar punkte zur Sindarin.de-Grammatik

Post by Roman »

Hallo,

Vielen Dank für die fundierten Kommentare. Ich bin in der Materie nicht mehr so fit (ist schon alles Jahre her), daher bitte Fehler in der Antwort nicht übel nehmen.
Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Thôl, pl. thely ist meines Erachtens nach ein Beispiel für finales -s,
Das -s fällt in Altnoldorin (-> Altsindarin) weg (siehe pele, thele), dann bleibt finales -o.
Rhengy yrchy, mely sind alle Noldorin und zumindest bei orch mangelt es eigentlich nicht an Stellen mit attestiertem Plural; wenn yrchy auch im Sindarin existieren würde, hätte ich erwartet, dass es in zumindest in WJ:390 zusammen mit S. orch → yrch, Q. orko → orqui auftaucht.
Hier ist das Muster thôl -> thely, thuil extrapoliert. Das Beispiel ist Sindarin, nicht Noldorin, was auch yrchy in Sindarin plausibel macht. Es ist klar, dass das eine archaischere Plural-Form wäre als yrch, d.h. je nach Kontext und Sprecher würde es keinen Sinn machen, sie zu verwenden.
Zumindest für finales ✶-o gibt es auch genug Beispiele ohne -y im Plural:
Aphadon → Ephedyn (nicht **Ephedenny, ✶-ndo),
annon → ennyn (nicht **ennenny , ✶andondo),
golodh → gelydh (nicht **geledhy, ✶ŋgolodo),
ithron → ithryn (nicht **ithrenny, ✶-ndo)...
Nachdem alle Beispiele auch eine analogische Form zeigen, denke ich es ist sicherer diese zu verwenden.
Das ist doch nicht analogisch, sondern fällt unter das Muster OS boron, boroni > S. boron, beryn.
Soweit ich die Situation verstehe kommt jedes ai von ei, auch in Wörtern wie ✶phanjā > fania > fenia (i-affection) > fein (i-intrusion) > fain, das haben wir mittlerweile sogar in NoMe:237 als √pha/phay/phan > S. fein, fain mit ei attestiert; es scheint also eher zufällig was explizit mit ei und was nur mit ai attestiert ist. Ich würde also sagen, dass man die Regel nicht einfacher als “ai aus ✶E-jā, ✶I-jā wird im Plural zu î, bei ✶A-jā bleibt es unverändert” formulieren kann.
Tja, hier muss man irgendwie regularisieren. Denn wir haben z.B. auch raitha- ohne *reitha-. Quendi & Eldar hat dagegen Feir (kein *Fair dazu!) und auf der anderen Seite Eglain (kein *Eglein!). Ein klarer Fall einer hin-und-her Meinungsänderung von Tolkien.
Auffällig ist aber, dass die Wörter mit historischem -a- so gut wie nie archaische Nebenformen mit -ei- haben, mit historischem -e- aber überwiegend schon. Siehe z.B. bain (PE17:150), aber teith, taith (PE17:43).
Das erklärt die Wahl meiner Regularisierung.
Wir haben as·k- > a·ch- als Sibilantmutation von k belegt. Dieses ch schwächt sich normalerweise am Wortanfang zu h ab, aber das vorgelagerte a verhindert das. Per PE19:21 entwickelt sich sj- > ON ɧ > χ > N h also auch über ch. Wenn ch > h für as·k- nicht stattfindet, denke ich, man sollte das auch nicht für as·j- annehmen (natürlich kann das auch in zwei verschiedenen Wellen passiert sein, aber ich sehe jetzt erstmal keinen Grund das anzunehmen).
Um von Wortanfang sprechen zu können, muss man wissen, was ein Wort ist. (Das war das Thema meines Vortrags der Zúmentielva: Es gibt keine sprachübergreifende Definition eines Wortes.)
Um Mutationen zu erklären, könnte man annehmen, dass Phrasen wie na chaered in Wirklichkeit Wörter sind (= nachaered), sodass die Mutation nichts anderes ist als die Lautentwicklung in Wortmitte.
Das Konzept schlägt aber fehl bei r, l > rh, lh (PE17:41), wo man in Wortmitte chr, chl erwartet hätte. Die Mutation i > h habe ich in Analogie zu r, l > rh, lh gewählt.
In PE17:25 schreibt Tolkien: “The genitive when strictly so ( esp. when implying identity, as "the city of Minas Tirith") and not implying any movement of or from or partitive relation is expressed by mere juxtaposition.” Ich würde daraus ableiten, dass ein partitiver Genitiv eben genau nicht nur durch Hintereinanderstellen, sondern mit einer Präposition ausgedrückt wird und deshalb rogelair enin elenath, einior enin aranath vorschlagen.
Das klingt plausibel.
In PE22:167 haben wir die Formen atha- → athof, athab attestiert die aus < *✶-me, -kwe (← ki + we) abgeleitet zu sein scheinen und damit so aussehen, als würden sie der konzeptionellen Änderung -mme, lme >> -lme, -lve im Quenya zwischen 1964 (PE17:75, VT49:48) und 1968 (VT49:16) entsprechen.
Hm, es gibt doch aber deutlich mehr attestierte Formen mit -m:
http://sindanoorie.net/art/we_Q.html#sind_cog
Für -l haben wir mittlerweile auch belegt, dass es a → o auslöst: linna-atha- → linnathol (PE22:168)
Ok, die Grammatik war vor PE22. Wir haben hier aber eine unschöne Überschneidung mit dem Partizip.. Ob Tolkien das deswegen doch noch revidiert hat/hätte?
Mit nið- → eniðen (PE22:165) haben wir mittlerweile attestiert, dass Stammverben mit -dh ihre Vergangenheit nicht durch Nasalinfix sondern durch Vokallängung bilden, das gleiche würde ich auch auf -v < ✶-b übertragen. Für -v < ✶-m ist mit sav- → aw (< ahawv < *✶a-sām-, PE17:173) das gleiche belegt, sodass nur -b, -d, -g < ✶-p, -t, -k eine Vergangenheit mit Nasalinfix bilden.
Ja, ich schätze, das stimmt.
Nið- → eniðen (PE22:165) zeigt ein Augment mit e- statt i-, wahrscheinlich in Analogie zu e-Verben wie dew- → ediw. Wenn das bei i-Verben passiert, zumal bei einem so häufigen Verb wie nidh- als Futur-Hilfsverb, kann ich mir nicht vorstellen, dass das bei u-Verben wie √TUL > tol- → *odul nicht passieren soll.
Klingt plausibel, denke ich.
Nicht gad- → a-gat-ne > ant mit Nasalinfix statt Vokallängung? Mir würde jetzt spontan kein Argument einfallen, warum gad- irregulär sein soll.
Ok, ich kann nicht mehr nachvollziehen, warum ich das geschrieben hatte. Wahrscheinlich ein Versehen.
Vgl. √SAM > sav- → aw und ✶menta- > emēnē-, ich glaube für eine Vergangenheit mit Nasalinfix spricht nicht mehr viel.
Kann gut sein. Der Schluss basiert auf Noldorin dramp, hamp aus historischem -m. Vielleicht noch auf der Tatsache, dass sich -nt auch bei abgeleiteten Verben etabliert hat. Ich habe hier keine starke Meinung.
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jteuber
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Re: Ein paar Punkte zur Sindarin.de-Grammatik

Post by jteuber »

Danke für die ausführliche Antwort!
Tja, hier muss man irgendwie regularisieren. Denn wir haben z.B. auch raitha- ohne *reitha-. Quendi & Eldar hat dagegen Feir (kein *Fair dazu!) und auf der anderen Seite Eglain (kein *Eglein!). Ein klarer Fall einer hin-und-her Meinungsänderung von Tolkien.
Auffällig ist aber, dass die Wörter mit historischem -a- so gut wie nie archaische Nebenformen mit -ei- haben, mit historischem -e- aber überwiegend schon. Siehe z.B. bain (PE17:150), aber teith, taith (PE17:43).
Das erklärt die Wahl meiner Regularisierung.
Natürlich ist es schwierig wie man ei/ai regularisiert, ich persönlich würde sagen, dass ai immer eine ei-Vorform hat, weil nach dem i-Umlaut A-jā und E-jā nicht mehr zu unterscheiden sind, solange man nicht sagt, dass i-Intrusion für a und e zu unterschiedlichen Zeitpunkten war, muss es einen Punkt gegeben haben an dem phanjā zu feni > fein und kirjā zu keri > keir geworden sind und nach diesem Punkt ist mir unklar wie Sindarin die beiden Klassen wieder auseinandersortieren würde, sodass die eine das ei gründlicher verliert als das andere (Natürlich gibt es die Möglichkeit dass abgesenktes i und umgelautetes a nicht zum genau gleichen e werden, aber die Entwicklung kommt mir trotzdem erst mal komisch vor).
Um von Wortanfang sprechen zu können, muss man wissen, was ein Wort ist. (Das war das Thema meines Vortrags der Zúmentielva: Es gibt keine sprachübergreifende Definition eines Wortes.)
Um Mutationen zu erklären, könnte man annehmen, dass Phrasen wie na chaered in Wirklichkeit Wörter sind (= nachaered), sodass die Mutation nichts anderes ist als die Lautentwicklung in Wortmitte.
Das Konzept schlägt aber fehl bei r, l > rh, lh (PE17:41), wo man in Wortmitte chr, chl erwartet hätte. Die Mutation i > h habe ich in Analogie zu r, l > rh, lh gewählt.
Klar gibt es kein allgemeines Kriterium was ein Wort ist, mein Punkt ist nur, dass sich ein Lautgesetz wie ch- > h- ja irgendeine Definition von Wort haben muss, mit der es arbeitet, und wegen c- → a ch- scheint ah + Folgewort darunterzufallen. Andererseits hast du natürlich recht das die Approximationen hinter ah eine Ausnahme bilden könnten (wobei mein persönlicher Eindruck ist, dass Tolkien eher in den Kategorien Liquide und Halbvokale statt Approximanten denkt, aber das ist natürlich kein richtiges Argument. Solange es nicht ah iâr ist, ist alles gut *entsetzt zu Pedin Edhellen schiel*).
[Hm, es gibt doch aber deutlich mehr attestierte Formen mit -m:
Ja, von den späten Formen gibt es halt immer weniger, wir haben ja auch weniger Vergangenheitsformen mit Augment als ohne. Mein Punkt ist, dass wenn man omentielvo-Quenya schreibt, man sich damit athof-Sindarin einhandelt und umgekehrt, wenn man cerim/galam-Sindarin schreibt, man konsequenterweise auch bei omentielmo-Quenya bleiben muss. Das letzte Mal, dass wir S -m sehen ist in 1962 (PE17:132), da gab es auch Q -mme noch als Pluralendung. Dann entscheidet Tolkein „All this to-do is really to accomodate Frodo’s omentielmo. But either he was wrong (and this could be noted). Or alter to elvo.“ (PE17/129-130) und ab dann sehen wir in 1968 Q -lme (VT49:16) und für Sindarin eben -f in 1969 (PE22:167). Ich glaube also nicht, dass das eine schnell verworfenen Idee war sondern das Resultat aus der Pronomenänderung zwischen der ersten und zweiten Ausgabe des HdR. Wie man damit im Neo-Sindarin umgeht ist dann natürlich nochmal eine andere Frage. (Mein größtes Problem mit athof ist, dass es phonologisch nicht mit Araw zusammenpasst, aber da kann man schon drumrum argumentieren, z. B. dass die Analogie zu me/mín das -f „beschützt“ oder, dass Araw nur nicht zu Arof wird weil es eine Nebenform Oraw gab/gibt, die au > o unterdrückt).
Wir haben hier aber eine unschöne Überschneidung mit dem Partizip.. Ob Tolkien das deswegen doch noch revidiert hat/hätte?
Naja, das PPP überschneidet sich ja auch oft mit 1sg Vergangenheit, z. B. cova- → covannen, das scheint schon ok zu sein (wobei das zugegebenermaßen weniger passiert, seit Stamverben ein Augment kriegen). Insgesamt tendiert Sindarin einfach dazu, dass viel zusammenfällt, ich habe um ehrlich zu sein an manchen Stellen aufgegeben, das verhindern zu wollen.
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Roman
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Re: Ein paar punkte zur Sindarin.de-Grammatik

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Natürlich ist es schwierig wie man ei/ai regularisiert, ich persönlich würde sagen, dass ai immer eine ei-Vorform hat, weil nach dem i-Umlaut A-jā und E-jā nicht mehr zu unterscheiden sind, solange man nicht sagt, dass i-Intrusion für a und e zu unterschiedlichen Zeitpunkten war, muss es einen Punkt gegeben haben an dem phanjā zu feni > fein und kirjā zu keri > keir geworden sind und nach diesem Punkt ist mir unklar wie Sindarin die beiden Klassen wieder auseinandersortieren würde, sodass die eine das ei gründlicher verliert als das andere (Natürlich gibt es die Möglichkeit dass abgesenktes i und umgelautetes a nicht zum genau gleichen e werden, aber die Entwicklung kommt mir trotzdem erst mal komisch vor).
Ich verstehe nicht, warum die Umlautung so alternativlos sein muss, die Metathese aCj > ajC ist eine völlig valide Entwicklung, die z.B. im Altgriechischen vorkam: *ban-jō > bainō 'I walk', *mor-ja > moira 'portion' (die klingen sehr Elbisch, ha..).

Eine andere Möglichkeit wären verschiedene Vokale, wie du sagst. PE13:116 hat in der Tat mbārai > bǣrī. Das abgesenkte /i/ könnte aber ein /e/ oder /ε/ sein. Wir hätten also sowas wie *feir, *bæin, später *feir, *bain und noch später *feir/fair, *bain.

Wenn man annimmt, dass eCj, aCj zuerst zu ei zusammengefallen sind, erklärt es für mich eben nicht, warum so oft keine ei-Form angeführt wird, wenn der Stammvokal ein a hat.
Klar gibt es kein allgemeines Kriterium was ein Wort ist, mein Punkt ist nur, dass sich ein Lautgesetz wie ch- > h- ja irgendeine Definition von Wort haben muss, mit der es arbeitet, und wegen c- → a ch- scheint ah + Folgewort darunterzufallen. Andererseits hast du natürlich recht das die Approximationen hinter ah eine Ausnahme bilden könnten (wobei mein persönlicher Eindruck ist, dass Tolkien eher in den Kategorien Liquide und Halbvokale statt Approximanten denkt, aber das ist natürlich kein richtiges Argument.
Also klar, i- > ch- ist auch gut vertretbar bei der Sibilant-Mutation, und das kann ich in die Grammatik aufnehmen.
Letztlich ist auch irgendwie immer klar, dass Sindarin ein Diaelekt-Kontinuum ist und es würde mich nicht wundern, wenn sich zwei Sprecher treffen, die es unterschiedlich mutieren.
Solange es nicht ah iâr ist, ist alles gut *entsetzt zu Pedin Edhellen schiel*).
Ähm, ja.. Hatte ich sogar mal angemerkt, wenn ich mich recht entsinne:
http://www.sindarin.de/tolkienforum/vie ... ?f=3&t=313
Ja, von den späten Formen gibt es halt immer weniger, wir haben ja auch weniger Vergangenheitsformen mit Augment als ohne. Mein Punkt ist, dass wenn man omentielvo-Quenya schreibt, man sich damit athof-Sindarin einhandelt und umgekehrt, wenn man cerim/galam-Sindarin schreibt, man konsequenterweise auch bei omentielmo-Quenya bleiben muss. Das letzte Mal, dass wir S -m sehen ist in 1962 (PE17:132), da gab es auch Q -mme noch als Pluralendung. Dann entscheidet Tolkein „All this to-do is really to accomodate Frodo’s omentielmo. But either he was wrong (and this could be noted). Or alter to elvo.“ (PE17/129-130) und ab dann sehen wir in 1968 Q -lme (VT49:16) und für Sindarin eben -f in 1969 (PE22:167). Ich glaube also nicht, dass das eine schnell verworfenen Idee war sondern das Resultat aus der Pronomenänderung zwischen der ersten und zweiten Ausgabe des HdR. Wie man damit im Neo-Sindarin umgeht ist dann natürlich nochmal eine andere Frage. (Mein größtes Problem mit athof ist, dass es phonologisch nicht mit Araw zusammenpasst, aber da kann man schon drumrum argumentieren, z. B. dass die Analogie zu me/mín das -f „beschützt“ oder, dass Araw nur nicht zu Arof wird weil es eine Nebenform Oraw gab/gibt, die au > o unterdrückt).
Das ist doch aber alles Quenya und hat mit Sindarin per se nichts zu tun. Der ganze Zirkus mit den Pronomen basiert darauf, welcher Mechanismus in Quenya aktiv ist:
- l als ein Konsonant der 2. Person
- l als ein Plural-Marker
- Reduplizierung als Dual-Marker
- Reduplizierung als Verstärkung der exklusiven Bedeutung
Die Mechanismen in Sindarin können ganz andere sein.
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