eine Zeile Shakespeare übersetzen

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raoullouis
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eine Zeile Shakespeare übersetzen

Post by raoullouis »

Hallo,

ich versuche gerade eine Zeile aus einem Shakespeare-Sonett zu übersetzen.
Die Zeile ist im Original folgendermaßen:
"Happy I that love and am belov'd"

was auf Deutsche grob so lautet:
"glücklich ich, der ich liebe und geliebt werde"

hier nun mein Versuch, es zu übersetzen:
"gelir ni i velin a vellen aen"

Ich wäre sehr dankbar, wenn jemand sich diese Zeile anschauen könnte, um mich auf Fehler aufmerksam zu machen (weil so kurz die Zeile auch ist, es sind sicher welche drin :wink: )

Danke
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Maewen
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Re: eine Zeile Shakespeare übersetzen

Post by Maewen »

Hallo raoullouis, schön, dass du schon mal selbst einen Versuch gewagt hast - und für den Anfang sieht das auch schon klasse aus :-)
raoullouis wrote:"gelir ni
Nur für den Fall, dass du es nicht weißt, gelir wird wohl eher mit "merry person" (also als Substantiv) als mit *"merry" (Adjektiv) übersetzt. In diesem Fall hier macht das ja eigentlich nichts, da du ja genauso gut auch sagen kannst "Ein Glücklicher (bin) ich,...". Ich wollte es nur sicherheitshalber erwähnt haben :-)
a vellen aen"
Mir ist hier nicht ganz klar, wie du aen verwendest. Es gibt verschiedene Interpretationen dieses Wörtchens, da nicht ganz klar ist, was es eigentlich bedeutet. Der Kontext, in dem es steht ist der sogenannte King's Letter: [Perhael] i sennui Panthael estathar aen "[Half-wise], who ought to be called Full-wise" - welche Funktion das Wort aen hierbei genau übernimmt, ist umstritten.

Möglicherweise könnte man hier eine ähnliche Konstruktion verwenden und a (i) velir aen sagen, alle anderen grammatischen Umgebungen von aen wären reine Spekulation.

Ich würde an der Stelle jedoch am ehesten einfach nur das Partizip verwenden und a (i) vellen sagen.
raoullouis
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Re: eine Zeile Shakespeare übersetzen

Post by raoullouis »

Maewen wrote:gelir wird wohl eher mit "merry person" (also als Substantiv) als mit *"merry" (Adjektiv) übersetzt.
Genau, ich hab's auch als das gefunden und mir gedacht, dass wär für diesen Fall ganz gut. Ich habe übrigens kein Adjektiv für "glücklich" gefunden, gibt's da keins oder habe ich fehlgesucht?

Mir ist hier nicht ganz klar, wie du aen verwendest. Es gibt verschiedene Interpretationen dieses Wörtchens, da nicht ganz klar ist, was es eigentlich bedeutet. Der Kontext, in dem es steht ist der sogenannte King's Letter: [Perhael] i sennui Panthael estathar aen "[Half-wise], who ought to be called Full-wise" - welche Funktion das Wort aen hierbei genau übernimmt, ist umstritten.
Ich habe eben nach Passivkonstruktionen gesucht und bei sindarin.de unter Grammatik - Passiv und Konjuntiv diesen Satz gefunden:
Nachdem wir derzeit also keine genauen Erkenntnisse über die Passiv-Regeln besitzen, können wir mehrere Möglichkeiten angeben, wie man Passiv-Sätze konstruiert: Ni cenithar aen. oder Nin cenithar aen. (Ich werde gesehen.)
Da das weit und breit das Einzige zu Passivkonstruktionen war, was mir auf Anhieb eingeleuchtet hat, hab ich es mal damit versucht. Allerdings merke ich jetzt, dass cenithar ja gar nicht das Partizip ist und ich dann sowieso auf velir hätte kommen müssen, oder? :?

Ich würde an der Stelle jedoch am ehesten einfach nur das Partizip verwenden und a (i) vellen sagen.
Und da würde dann nix fehlen? Heißt das dann quasi "ich gesehen"?
Dass du das i in Klammern setzt heißt, dass ich es wiederholen könnte aber nicht muss?
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Maewen
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Re: eine Zeile Shakespeare übersetzen

Post by Maewen »

raoullouis wrote:Ich habe übrigens kein Adjektiv für "glücklich" gefunden, gibt's da keins oder habe ich fehlgesucht?
Man könnte evt. gellui verwenden, welches zwar mit "triumphierend" übersetzt wird, aber ebenso sicher auch in Verbindung gebracht werden kann mit gell "Freude".
Allerdings merke ich jetzt, dass cenithar ja gar nicht das Partizip ist und ich dann sowieso auf velir hätte kommen müssen, oder? :?
Ja, genau, das hätte dann [m|v]elir aen sein müssen ;-)
Ich würde an der Stelle jedoch am ehesten einfach nur das Partizip verwenden und a (i) vellen sagen.
Und da würde dann nix fehlen? Heißt das dann quasi "ich gesehen"?
Genaugenommen "ich geliebt (bin/werde)" ;-) Aber ich weiß, was du meinst.
Dass du das i in Klammern setzt heißt, dass ich es wiederholen könnte aber nicht muss?
Da bin ich mir jetzt auch nicht ganz sicher... Wenn du melir aen/mellen lenierst, bedeutet dass ja, dass du es auf das zuvor genannte i beziehst - ob eine derartige Elipse im Sindarin möglich ist, wissen wir nicht (oder zumindest ich weiß es nicht). ich denke schon, dass es möglich sein könnte, aber im Zweifelsfall würde ich das i einfach noch davor schreiben: "..., der ich liebe und der ich geliebt bin/werde".
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Wenn wir aber davon ausgehen, dass zwischen das zweite Relativpronomen und das Partizip noch die (ausgelassene) Form von "sein" reinsollte, könnte man sogar überlegen, das Partizip nicht zu lenieren, um diesen speziellen Satzbau zu verdeutlichen.
Dafür gibt es zwar keinen echten Beleg, aber logisch wäre es für meine Begriffe schon. Schließlich wirkt das Pronomen dann ja nicht mehr direkt auf das Partizip ein. Zumindest theoretisch. :wink:
raoullouis
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Post by raoullouis »

Avorninnas wrote:Wenn wir aber davon ausgehen, dass zwischen das zweite Relativpronomen und das Partizip noch die (ausgelassene) Form von "sein" reinsollte, könnte man sogar überlegen, das Partizip nicht zu lenieren, um diesen speziellen Satzbau zu verdeutlichen.
Da blicke ich jetzt nicht ganz durch. :( Das würde dann also zu a mellen? Ich denke aber, dass sich das Partizip auf das i beziehen sollte, da sich dieses ja auf das ni am Anfang bezieht. Man könnte den Satz ja auch so formulieren: "Ich bin ein glücklicher Mensch, weil ich liebe und weil ich geliebt werde" Nur dass es Shakespeare schöner formuliert hat, auch wenn es dadurch schwerer zu übersetzen ist (Danke Shakespeare).
Was mich stutzig macht, das ist die Tatsache, dass aus a i vellen nicht genau hervorgeht, ob damit "ich (bin/werde) geliebt" oder "ich (habe) geliebt" gemeint ist. Oder ist das klar, dass nur "sein" ausgelassen werden kann? Mit anderen Worten: Wie übersetze ich:
1. "ich werde geliebt"
2. "ich habe geliebt"
Da begreife ich im Moment nicht den Unterschied in Sindarin.
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Diese Formen gibt es in Sindarin nicht. Also gibt es auch keinen Unterschied.

Ein Perfekt Aktiv so wie im Deutschen (,also die Zusammensetzung aus einem Hilfsverb wie "haben" oder "sein" plus einem PPP) haben wir für Sindarin nicht. Es ist keine solche Form belegt. Wir sagen in Sindarin also nicht: "Ich bin gegangen" oder "ich habe getan", sondern: "ich ging" und "ich tat". Es gibt also nur ein Imperfekt, das mit Hilfe von Einfügungen/Umlautungen und Endungen gebildet wird, ähnlich wie in Latein.

Wir können auch nicht sicher sagen, ob die Geschichte mit der Passivkonstruktion so funktioniert wie im Deutschen, sprich dass man aus Partizip und "werden" ein Passiv bilden kann. Manchmal verwenden wir solche Konstruktionen, weil es sie in vielen Sprachen gibt, und im allgemeinen werden sie auch bei Sindarinübersetzungen von den meisten Leuten verstanden, aber ob der Professor das gutheißen würde, können wir nicht voraussetzen.

Wir wissen, dass in Sindarin das Wort "sein" im allgemeinen wohl einfach wegfällt. (Mit Ausnahme des Imperativs) Die Erkenntnis haben wir aus der Sindarinversion des Vaterunsers VT 42:21 f. gewonnen. (Ae Adar nín i vi Menel = O mein Vater, der du (bist) im Himmel; bzw. No aer i eneth lín = dein Name sei heilig)
Das ist aber auch schon alles, was wir zu wissen glauben. Wir haben nur das eine Beispiel.


Im allgemeinen ist es ja aber so, dass eine Mutation immer einen bestimmten Grund hat. Es gibt ein grammatikalisches oder phonologisches Phänomen, das sie auslöst. Sehr oft wird sie dadurch verursacht, dass das voranstehende Wort beim nachfolgenden den Anfang beeinflusst. (So verändert das Substantiv beim nachgestellten Adjektiv den Beginn oder die Präposition beim darauffolgenden Wort.)

Wenn jetzt aber ein (hypothetisches) Wort wie "sein" zwischen beiden Bestandteilen stehen würde, die beiden also rein logisch betrachtet, eigentlich gar nicht mehr direkt aufeinanderfolgen, fehlt der ursprüngliche Grund für eine solche Beeinflussung.

Wenn man sich also zwischen das Relativpronomen und das Substantiv in deinem Fall eigentlich eine solche (nichtexistierende) Form von "sein" dazwischendenken muss, könnte es sein, dass gar keine Mutation stattfindet.
Sicher wissen wir das zwar nicht. (Wie ich schon oben sagte.) Nur logisch wäre es. :wink:
Du darfst das gerne mache wie du magst. Es war nur eine Anmerkung meinerseits.
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Roman
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Post by Roman »

Was mich stutzig macht, das ist die Tatsache, dass aus a i vellen nicht genau hervorgeht, ob damit "ich (bin/werde) geliebt" oder "ich (habe) geliebt" gemeint ist. Oder ist das klar, dass nur "sein" ausgelassen werden kann? Mit anderen Worten: Wie übersetze ich:
1. "ich werde geliebt"
2. "ich habe geliebt"
Im Deutschen ist das Partizip Perfekt als Adjektiv identisch mit dem Perfekt des Verbs, das muss in Sindarin nicht der Fall sein; genau genommen haben wir da, wie Avor gesagt hat, keine genaue Informationen über einen möglichen Perfekt. Die Formation mellen ist also ein Partizip.
In Quenya sieht die Quellenlage besser aus und wir hätten *emélie als "hat geliebt" und *melina "geliebt" als Partizip/Adjektv ("geliebte Person" etc.).
Danke Shakespeare
Tolkien hat Shakespeare nicht gemocht, nur mal so nebenbei. ;-) Das äußerst sich auch offenbar darin, dass man kein Shakespeare-Zitat ins Sindarin übertragen kann. "Sein oder nicht sein" ist auch noch so ein lustiger Fall, den wir mal hatten (bzw. nicht hatten). :)
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Avorninnas
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Post by Avorninnas »

Aran wrote: Das äußerst sich auch offenbar darin, dass man kein Shakespeare-Zitat ins Sindarin übertragen kann.
Irgendwie stimmt das auffallend. *g* Die wirklich schönen Stellen bei Shakespeare lassen sich kaum übertragen. Es fehlen eigentlich immer Vokabeln an der entscheidenden Stelle. :?
Bei den Sonetten könnte man glatt verzweifeln. Sicher gilt das auch für eine Menge anderer Dichter. Aber gerade in dem Fall habe ich mich bisher eigentlich am meisten über unser begrenztes Vokabular geärgert. Und wahrscheinlich bin ich da nicht die einzige.
raoullouis
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Post by raoullouis »

Avorninnas wrote:Diese Formen gibt es in Sindarin nicht. Also gibt es auch keinen Unterschied...
Vielen Dank für die sehr ausführlichen Erklärungen, jetzt blicke ich tatsächlich durch und verstehe den Gedanken dahinter, der tatsächlich logisch ist.
Du darfst das gerne mache wie du magst.
Hm, muss ich mir nur noch überlegen, für welche Lösung ich mich entscheide, die logische oder die schöne, denn die mutierte ist schöner, da dadurch eine Alliteration von velin zu vellen entsteht. :wink: Aber ich bin immer froh, wenn ich solche Sachen dann auch begründen kann und nicht nur wegen der Schönheit mach.
Aran wrote:Tolkien hat Shakespeare nicht gemocht, nur mal so nebenbei.
Das wusste ich nicht, passt aber irgendwie.
Avorninnas wrote:Bei den Sonetten könnte man glatt verzweifeln
Na gottseidank habe ich mich nur für die Schlusszeile eines der Sonette entschieden :wink:
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